Veranstaltungsarchiv
- Donnerstag, 20. März 2025 - 19:30Kategorien: Dokumentarfilm, Archiv, Piffl, Flat, 2025In TRACING LIGHT geht Thomas Riedelsheimer (RIVERS AND TIDES, TOUCH OF SOUND) dem Phänomen Licht auf die Spur und bringt dafür zwei Disziplinen zusammen, die sich auf unterschiedliche Weise damit auseinandersetzen und in den Dialog treten – die Kunst und die Physik. Von den Äußeren Hebriden in Schottland und dem „Advanced Research Center“ der Universität Glasgow bis zum Max-Planck-Institut in Erlangen begleitet der Film führende Wissenschaftler*innen und international bekannte Künstler*innen wie Ruth Jarman, Joe Gerhardt, Julie Brook, Johannes Brunner und Raimund Ritz. Zwischen Superzeitlupen, Lasertischfußball, „Firestacks“ und Quantentheorie gehen sie den Fragen nach: Was ist Licht als Material? Wie verhalten sich Photonen? Wie nehmen wir die Welt um uns herum wahr – und auf welche Weise? (Text: DOK Leipzig) ================================== Der Film erkundet in faszinierenden Bildern und Begegnungen das Naturphänomen Licht. (Wikipedia) ================================== Licht macht alles sichtbar, ohne selbst gesehen werden zu können. Seinen traumhaft schönen Wirkungen vom funkelnden Tautropfen bis zu Lichtkaskaden in winterlichen Schneelandschaften forscht der bildmächtige Dokumentarfilm ebenso nach wie der Suche der Physik, den Mysterien der Photonen auf die Spur zu kommen. Neben Wissenschaftlern kommen auch Künstler zu Wort, die der Film begleitet, wenn sie den Geheimnissen des Visuellen nachgehen, auch wenn dabei am Ende doch wieder das Rätseln und Staunen überwiegt. – Sehenswert ab 14. (Filmdienst)
- Donnerstag, 13. März 2025 - 19:30Kategorien: Kooperation, Dokumentarfilm, Archiv, Kuenstlerportraet, Piffl, 2025Hildegard Knef feierte weltweite Erfolge, überstand krachende Pleiten und bewahrte stets ihre Würde. Das Porträt einer einzigartigen Künstlerin und bemerkenswerten Frau, erzählt mit Archivmaterial aus sechs Jahrzehnten. ======================== Hildegard Knef: Weltstar, Stilikone, Grand Dame des Chansons, letzte deutsche Diva, Feministin, meinungsstark, umstritten, Spiegel und Gegensatz ihrer Zeit. Als Schauspielerin, Sängerin und Autorin feierte sie internationale Erfolge, erlebte krachende Niederlagen und war mehr als fünf Jahrzehnte schöpferisch tätig. Bereits mit 20 wurde sie Teil der deutschen Öffentlichkeit und nie wieder daraus entlassen. Ihr Lieblingsthema, erfolgreich zu sein, zu scheitern, sich immer wieder neu zu erfinden und - against all odds - immer wieder aufzustehen, macht sie zu einer Expertin des Überlebens. “Ich will alles” zeigt in Form einer filmischen Autobiographie das Bild einer hochbegabten, ehrgeizigen, lakonisch-scharfsinnigen Frau, die der Welt vorführte, wie man Ruhm und Niederlagen überlebt.
- Donnerstag, 25. April 2024 - 19:30Kategorien: Eintritt frei, Dokumentarfilm, Archiv, Demokratie leben, OmdU, wehrhafte Demokratie staerken - Ausgrenzung entgegentreten, Piffl, Flat, 2024„Total Trust“ ist eine augenöffnende und zutiefst beunruhigende Geschichte über Überwachungstechnologie, Machtmissbrauch und (Selbst-)Zensur. Was passiert, wenn der Schutz unserer Privatsphäre missachtet wird? Anhand eindringlicher Schicksale von Menschen in China, die überwacht, eingeschüchtert und sogar gefoltert wurden, erzählt “Total Trust” von den Gefahren aktueller Technologien wie Big Data und KI in den Händen einer ungezügelten Macht. Mit China als Spiegel schlägt der Film Alarm. Denn der zunehmende Einsatz von digitalen Überwachungstools ist ein globales Phänomen – selbst in demokratisch geführten Ländern. Wenn das die Gegenwart ist, wie sieht dann unsere Zukunft aus? ============================ Was passiert, wenn der Schutz unserer Privatsphäre missachtet wird? Wie umfassend sind die aus Big Data gewonnen Informationen über unsere Aktivitäten und Überzeugungen, Abneigungen, Vorlieben und Gewohnheiten? Lässt sich sicherstellen, dass diese Daten nicht in die falschen Hände geraten? Sind sie vielleicht schon in den falschen Händen? „Total Trust“ ist ein zutiefst beunruhigender und bewegender Film über die unheimliche Macht von Big Data und KI, über ihren Gebrauch und Missbrauch im öffentlichen wie im privaten Leben, über Zensur und Selbstzensur. Anhand eindringlicher Schicksale von Menschen in China, die überwacht, eingeschüchtert und sogar gefoltert wurden, erzählt „Total Trust“ von den Gefahren aktueller Technologien in den Händen einer ungezügelten Macht. Mit China als Spiegel schlägt der Film Alarm: Der zunehmende Einsatz von digitalen Überwachungstools ist längst ein globales Phänomen – auch in demokratisch geführten Ländern. China ist derzeit das am stärksten überwachte Land der Welt. Die Hälfte aller Überwachungskameras sind hier installiert, durchdringen und kontrollieren das tägliche Leben der Bürger:innen. Instrumente wie das „Social Credit Scoring“ werden durch sie erprobt und eingesetzt: Überwachungssysteme, die inzwischen überall auf der Welt verfügbar sind. Der Film erzählt die Geschichten dreier inspirierender, unbeugsamer Frauen, die leidenschaftlich für Gerechtigkeit kämpfen – sei es für sich selbst oder für ihre Angehörigen. Er begleitet die zunächst unauffälligen Menschen auf ihrem Weg zu bedingungslosen Verteidigerinnen individueller Freiheiten und zeigt dabei die gefährlichen Folgen allumfassender Überwachung auf. Grandios gefilmt – mit einzigartigem, anonym gedrehten Material –, emotional und mit größtem Respekt vor seinen beeindruckenden Protagonist.innen erzählt, stößt "Total Trust" eine globale Debatte über die existenziellen Herausforderungen an, die die auf Big Data- KI basierende Überwachungstechnologien für Demokratie und Gerechtigkeit darstellen.
- Donnerstag, 07. März 2024 - 19:00Kategorien: Eintritt frei, Gesellschaft fuer Christlich-Juedische Zusammenarbeit e.V. Celle, Kooperation, Dokumentarfilm, Archiv, Regisseurbesuch, Demokratie leben, Diskussion, Moderation, wehrhafte Demokratie staerken - Ausgrenzung entgegentreten, Piffl, 2024Dokumentarisches Porträt des charismatischen Pianisten Igor Levit, der in den Sozialen Medien nicht zuletzt wegen seiner politischen Kommentare gegen Rechts viel Zuspruch bekam, dadurch aber auch polarisiert. Der Film lotet den beseelten Künstler hinter Twitter und Instagram aus, dessen empathisches Wesen maßgeblich dazu beiträgt, dass sein musikalisches Genie auch jenseits seiner virtuosen Fingerfertigkeit begeistert. Ein mitreißendes, mitunter auch augenzwinkerndes Porträt, das der Musik ebenso breiten Raum eingesteht wie den Menschen dahinter. - Sehenswert ab 12.
- Donnerstag, 14. September 2023 - 19:00Kategorien: Kooperation, Dokumentarfilm, Archiv, Gedenkstaette Bergen Belsen, Stiftung niedersaechsische Gedenkstaetten, Piffl, 2023, Essayfilm, NSJeder schreibt für sich allein: Der Autor Anatol Regnier hat 2022 ein Buch veröffentlicht, das das Leben und Wirken von Schriftsteller*innen in Nazideutschland betrachtet. In Zusammenarbeit mit Regnier adaptierte Dominik Graf das gleichnamige Buch und übersetzte es in einen knapp dreistündigen, vielstimmigen Essayfilm, der sich akribisch mit den widersprüchlichen Biografien von Hans Fallada, Gottfried Benn, Erich Kästner, Ina Seidel und Will Vesper auseinandersetzt. Was hielt kritische Autoren wie Kästner, dessen Bücher in Flammen aufgingen, davon ab, nach der Machtübernahme Hitlers zu emigrieren? Welche heute anerkannten Künstler sympathisierten damals mit den Nazis? Welche inneren und äußeren Widersprüche provozierte das Leben und Arbeiten unter dem Regime – auch für Institutionen wie die Akademie der Künste? Anhand von Interviews (u. a. mit dem Autor Florian Illies, der Kunstkritikerin und -historikerin Julia Voss und dem Filmproduzent Günter Rohrbach) und bis in die Gegenwart hinein diskutiert der Film die Frage nach dem Vertrauen in die Kunst und in Künstler – sowie in letzter Konsequenz das komplexe Verhältnis zwischen ästhetischen Positionen und politischem Handeln. (Woche der Kritik) ======================================== Worüber bislang nicht geschrieben wurde: Die Berlinale hat auch den neuen Film von Dominik Graf abgelehnt. Und das ist nichts Anderes als ein Skandal!! Dies nicht etwa, weil etwa Dominik Graf ein Anrecht hätte, mit jedem seiner Firma auf der Berlinale gezeigt zu werden – so etwas hat nur Christian Petzold – sondern weil dieser Film ein Stich ins Herz unserer derzeitigen deutschen Debatten und Probleme ist. Es ist ein historischer Film, ein Dokumentarfilm, er heißt Jeder schreibt für sich allein und basiert auf dem gleichnamigen Buch von Anatol Regnier. Es ist ein Film, der von Kompromissen und von Opportunismus, von moralischen Abgründen und Empathielosigkeit handelt, von Verhaltenslehren der Kälte und der Wärme, von Bücherverbrennungen und Arrangements. Es ist ein Film, der Linien zieht zu unseren eigenen Verhältnissen, zum Totalitarismus der Gegenwart – und zwar dem in den westlichen Demokratien – und zum Terrorismus der jüngeren Vergangenheit, von Willi Vesper zu Bernhard Vesper, dem Mann von Gudrun Ensslin, der Linien zieht von Gottfried Benn zu Günter Rohrbach, von Erich Kästner zu Dominik Graf selber, zu unseren Eltern und Großeltern und unserer eigenen Zukunft. Es ist ein großer Film, der schön und extrem schmerzhaft ist, jedenfalls für mich. Und nicht nur für mich, da bin ich sicher. Und der allein schon deswegen unbedingt verdient, dass ihn jeder sieht. Glücklicherweise kann man ihn sehen, nächste Woche. Nicht auf der Berlinale, aber während der Berlinale, parallel zu ihr in der »Woche der Kritik«. Gratulation an das Team um Dennis Vetter, dass sie diesen Film bekommen haben und dass sie ihn genommen haben. Und weil sie ihn genommen haben, bin ich sicher, dass auch ihre anderen Filme sich lohnen. Wir werden über den Film ausführlich berichten, aber nicht heute. Nur empfehlen wollen wir ihn schon jetzt. Jeder, der kann, sollte sich schleunigst Karten besorgen für eine der beiden Berliner Vorstellungen Schon am kommenden Montag ist Graf in Berlin zu Gast bei einer Runde in der Akademie der Künste. Um nichts Geringeres als das Wesen des Kinos soll es da gehen. Na dann… Der Titel »Content versus Film« schon sagt das Wichtigste: Film ist eben kein »Content«. (Rüdiger Suchsland)
- Freitag, 26. Mai 2023 - 20:30Kategorien: Berlinale-Baer, Tragikomoedie, Archiv, Piffl, Flat, 2023, Sommerfilm, SEFazit: Weder streng noch mythologisch aufgeladen geht es zu in Christian Petzolds Sommerfilm "Roter Himmel". Während drei junge Menschen in einem Häuschen an der Ostsee die unbeschwerte Stimmung genießen, gelingt es dem vierten nicht, in einen spannungsfreien Dialog mit ihnen zu treten. Romantische Gefühle verstärken seinen inneren Konflikt, während die Waldbrände näher rücken. Ein Gedicht von Heinrich Heine verleiht diesem hervorragend gespielten, von träger Leichtigkeit erfüllten Film poetische Tiefe. (Bianka Piringer) Aber: „Love’s gonna make us blind“, wie es die zweite Zeile des großartigen Songs verstehen will. Blind für das hier drinnen wartende Glück der Liebe selbst, blind für die da draußen wartende Katastrophe. Blind für den Zustand der Natur, der nicht mehr einfach als Erhabenheit abgebildet werden kann, wie es vielleicht die Romantik noch konnte, weil der Mensch dann erst begann, ihre Kraft gegen sie zu wenden. =================================== Nach "Undine" ist "Roter Himmel" der zweite Film Petzolds, in dem er sich mit der deutschen Romantik beschäftigt. Sein Stadium der Auseinandersetzung kennzeichnet auch, dass er Paula Beer mit "Der Asra" ein Gedicht von Heinrich Heine vorlesen lässt, der ja als einer der letzten Vertreter der Romantik und zugleich als Überwinder der Romantik gilt.
- Donnerstag, 26. Dezember 2019 - 19:30Kategorien: Stefan, Berlinale-Baer, Film, Archiv, Spielfilm, asiatischer Film, China, Piffl, 2019, FlatWenige Jahre nach der Kulturrevolution ertrinkt der einzige Sohn eines chinesischen Ehepaars in einem Stausee. Wang Xiaoshuai verwebt in seinem Filmepos die Trauer einer Familie mit dem gesellschaftlichen Wandel in China über drei Jahrhzehnte. (3Sat-Kulturzeit) ------------------------------ "Mehr als 30 Jahre Turbomodernisierung am Beispiel zweier Familien: Das grandiose Epochen-Panorama von Regisseur Wang Xiaoshuai führt vor, wie sich Chinas Wandel auf die Menschen auswirkt. Anschaulich, einfühlsam und präzise – ein Geniestreich." (Swantje Seberg – Kunst und Film) ------------------------------ Eine chinesische Familiengeschichte malt das alltägliche Porträt einer tragischen Epoche: Wang Xiaoshuais Film „Bis dann, mein Sohn“ ist ein Meisterwerk des epischen Kinos. (Andreas Kilb – FAZ) ------------------------------ "Wann gibt es das schon, dass ein Film das Große durch das Kleine kongenial erleuchtet, dass er das Politische im Unpolitischen findet, die Welt in der Familie und dass die Länge dabei keine Rolle spielt, weil man der dichten erzählerischen Kraft mit all ihrer subtil-explosiven Kraft einfach nicht aufhören möchte zu folgen? Wang Xiaoshuais "Bis dann, mein Sohn" ist einer dieser seltenen Filme. Für die der Begriff »Meisterwerk« dann auch fast schon zu abgedroschen, weil austauschbar erscheint. Denn was Wang Xiaoshuai, dessen bislang erfolgreichster Film Fahrraddiebe in Peking 2001 den Silbernen Bären auf der Berlinale und dessen Shanghai Dreams 2005 den Preis der Jury in Cannes gewannen, hier erzählt, ist so großes Kino, dass Worte diese Größe kaum füllen können. Was bleibt, nach diesem Film, ist so viel Verstehen über das Leben und seine vertrackten Zufälle, den Verlust von geliebten Menschen, von Schuld und Sühne, dass die Traurigkeit, die einen während dieses Films immer wieder unweigerlich überrollt, sich am Ende und weit über den Film zu einer völlig ver-rückten und diffusen Katharsis des Verstehens und des Vergebens entwickelt, die letztendlich nur von einem finalen Gefühl, nämlich tiefer Dankbarkeit durchflutet wird. Dankbarkeit für diesen Film. Dabei ist "Bis dann, mein Sohn" eigentlich nur eine Familiengeschichte. Und der erste Teil von Wangs Heimattrilogie, der sich in asynchroner Erzählweise in 180 Minuten – die nie zu lang sind – des Schicksals zweier Familien bzw. dreier Paare annimmt." (Axel Timo Purr – artechok film)
- Freitag, 08. November 2019 - 20:30Kategorien: Stefan, Komoedie, Film, Archiv, Spielfilm, europaeischer Film, Frankreich, Piffl, 2019, Scope, SEVier Sozialarbeiterinnen betreiben in einer grauen und von Armut geprägten Provinzstadt im Norden Frankreichs ein Tagesheim für obdachlose Frauen und setzen sich dafür ein, dass die Besucherinnen eine warme Dusche, ein warmes Essen, ein wenig menschliche Zuwendung und die notwendige Berufsorientierung erhalten. Aber wegen angeblich zu geringer Wiedereingliederungsquoten hat die Gemeinde beschlossen, die Einrichtung zu schließen. Daraufhin üben sich die Sozialarbeiterinnen in zivilem Ungehorsam und führen das Heim heimlich in einem Versteck weiter, damit „ihre Mädchen“ dort übernachten können, während sie tagsüber üben, selbstbewußte Mitglieder der Gesellschaft zu werden. Mit einer bunten Besetzung landete Regisseur Louis-Julien Petit einen Überraschungserfolg, der über eine Million Zuschauer/innen in die französischen Kinos lockte. Ein Teil der Rollen ist mit Frauen besetzt, die tatsächlich auf der Straße leben. ============================================================= In einer nordfranzösischen Stadt soll ein Tageszentrum für obdachlose Frauen wegen angeblicher Ineffektivität geschlossen werden. Die Sozialarbeiterinnen setzen deshalb alles daran, um ihren Schützlingen doch noch einen Weg zurück in die Gesellschaft zu ebnen und wecken tatsächlich den lange unterdrückten Willen zum Aufbruch. Herzliche, flott und pointiert inszenierte Sozialkomödie, deren überwiegend von Laien gespielte Figuren eine große Wahrhaftigkeit ausstrahlen. Nachdrücklich sensibilisiert der Film für die Aufmerksamkeit gegenüber Ausgegrenzten und würdigt zugleich Einsatz, Mut und Kreativität der Sozialhelferinnen. – Sehenswert ab 12.
- Freitag, 07. Dezember 2018 - 20:30Kategorien: 1SE, Nominierung Europaeischer Filmpreis, Film, Archiv, Filmpreis, Spielfilm, europaeischer Film, Migration, Filmkunst, Cannes - Bestes Drehbuch, National Board of Review, Italien, tmdU, Piffl, 2018, unser Film des Monats, 5:3 = 1,66:1, European University Film Award, magischer RealismusLazzaro, der Held von Alice Rohrwachers modernen Märchen, bewegt sich zeitlos durch die Welt. Der Film steht einerseits in der Tradition des italienischen Kinos Vittorio de Sicas, Pier Paolo Pasolinis und Federico Fellinis, zeigt aber in seiner eigenen Filmsprache zugleich eine politische und magische Sicht auf die Welt in noch nie dagewesener Form. Insofern wäre eine mögliche Bezeichnung für Rohrwachers Filmsprache vielleicht "magischer Realismus".
- Freitag, 25. Mai 2018 - 20:30Kategorien: Stefan, 1SE, Guenter-Rohrbach-Filmpreis, deutscher Film, Film, Archiv, Filmpreis, Spielfilm, Migration, Historienfilm, Literaturverfilmung, Bayerischer Filmpreis, tmdU, Piffl, 2018, Scope, unser Film des Monats, eigener TextTRANSIT basiert auf dem 1942 in Marseille entstandenen gleichnamigen Roman von Anna Seghers. In einer atemberaubenden, fast schwebenden Begegnung des historischen Stoffs mit der Gegenwart des heutigen Marseille erzählt Christian Petzold die Geschichte einer großen, fast unmöglichen Liebe zwischen Flucht, Exil und der Sehnsucht nach einem Ort, der ein Zuhause ist. In den Hauptrollen spielen Franz Rogowski (European Shooting Star 2018) und Paula Beer (nominiert zum Europäischen Filmpreis für ihre Hauptrolle in François Ozons FRANTZ). -------------- Meine Mail ans achteinhalb heute: Petzold interessiert sich ja immer schon für Gespenster und ihr Phantomdasein, - also für Menschen, die in Zwischenreichen, Schwebzuständen leben, sich gegen das Gespenstischwerden (Identitätslosigkeit, Entmenschlichung, existenzielle Verlorenheit) wehren. Einer seiner Filme heißt dem zufolge "Gespenster" - siehe auch seine Gespenster-Trilogie. Im Abspann läuft "Road to Nowhere" von den Talking Heads - passt textlich, stilistisch ein Bruch. Wenn man "Transit" von Anna Seghers sieht, wundert man sich, dass er diesen Stoff erst so spät verfilmte, denn er ist ja wie für ihn geschrieben. Zudem wirkt er fast wie eine Neuverfilmung von "Casablanca" - vor allem was die Situation des Wartens (Wartesäle noch und nöcher - bis hin zu Kafkas Höllen) angeht und zwischen den drei Liebenden, die sich darin überbieten, sich für den anderen zu opfern. Unser Publikum äußerte sich sehr angetan von dem Film. Ich denke auch, weil sie fühlten, dass das ein Film ist, der über den Tag nachhallt. Die (platte) Analogie zur heutigen Situation drängt sich zwangsläufig auf, da Petzold ohne Kostüme drehte, also die frühen vierziger Jahre im Interieur der Jetztzeit spielen lässt - abgesehen davon, dass Smartphone, Internet und Flugzeuge fehlen, ist alles andere heute. Hierzu aber Petzold: http://kunstundfilm.de/2018/04/interview-petzold-transit Die Vermutung liegt nahe, dass der Film politische Absichten verfolgt ist, weil er vergangene Fluchtgeschichten mit heutigen vergleicht. Ist dem so? Petzold: "Im Gegenteil: Mit Farocki begann ich am Film zu arbeiten, als es die so genannte Willkommenskultur in Deutschland noch nicht gab. Als 2015 Hunderttausende nach Deutschland kamen, war das Drehbuch schon fertig – bis die Silvesternacht in Köln alles veränderte. Erst wollte ich den Film auf Eis legen, um keinen Kommentar zur Weltlage abzugeben. Das ist nicht die Aufgabe von Kino; ich möchte nicht darauf reduziert werden." Auch die Position des Erzählers (Barkeeper Matthias Brandt) gibt es im heutigen Kino so nicht. All das, eine Geschichte aus den Vierzigern zeitlos im Jetzt spielen zu lassen plus Erzähler, ist filmisch ein großes Wagnis. Es geht aber größtenteils auf, also zum überragenden Teil - daher großes Kino. Petzold ist und bleibt einfach der beste deutsche Regisseur. Viele Grüße Stefan
- Dienstag, 06. Februar 2018 - 19:30Kategorien: Stefan, Gilde-Filmpreis, 1SE, Dokumentarfilm, deutscher Film, Film, Archiv, Filmpreis, Demokratie leben, Bayerischer Filmpreis, Kuenstlerportraet, Piffl, 2018, FlatLass Dich fallen. Lerne Schlangen zu beobachten. Pflanze unmögliche Gärten. Lade jemand Gefährlichen zum Tee ein. Mache kleine Zeichen, die „ja“ sagen und verteile sie überall in Deinem Haus. Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit. Freue Dich auf Träume. Weine bei Kinofilmen, schaukle so hoch Du kannst mit einer Schaukel bei Mondlicht. Pflege verschiedene Stimmungen, verweigere Dich, „verantwortlich zu sein“ – tu es aus Liebe! Mache eine Menge Nickerchen. Gib Geld weiter. Mach es jetzt. Das Geld wird folgen. Glaube an Zauberei, lache eine Menge. Bade im Mondschein. Träume wilde, phantasievolle Träume. Zeichne auf die Wände. Lies jeden Tag. Stell Dir vor, Du wärst verzaubert. Kichere mit Kindern. Höre alten Leuten zu. Öffne Dich. Tauche ein. Sei frei. Preise Dich selbst. Lass die Angst fallen, spiele mit allem. Unterhalte das Kind in Dir. Du bist unschuldig. Baue eine Burg aus Decken. Werde nass. Umarme Bäume. Schreibe Liebesbriefe. – Joseph Beuys
- Freitag, 15. Dezember 2017 - 20:30Kategorien: Stefan, 1SE, 2017, deutscher Film, Film, Archiv, Spielfilm, Was tut sich - im deutschen Film, Piffl, Flat, unser Film des MonatsKurz vor Drehbeginn einer Neuverfilmung von Fassbinders „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ fürs Fernsehen sucht die Regisseurin noch nach der idealen Besetzung. Während sich beim Team langsam Nervosität ausbreitet und die sich vorstellenden Schauspielerinnen mit ihren Versagensängsten und Eitelkeiten kämpfen, findet der Anspielpartner im Casting immer mehr Gefallen an seiner Aufgabe. Improvisationskomödie, die durch Spielfreude und ein virtuoses Schauspielerinnen-Ensemble begeistert. Mittels der Fassbinder-Vorlage macht sie die Abhängigkeiten und Macht-Asymmetrien in der Fernsehwelt deutlich, wobei sie geschickt den Unschärfebereich zwischen Fiktion und Leben, Person und Rolle nutzt. - Sehenswert ab 16.
- Freitag, 10. November 2017 - 20:30Kategorien: Berlinale-Baer, Oscar, Golden-Globe-Nominierung, 2017, Film, Archiv, Filmpreis, Spielfilm, Diskussion, Moderation, lateinamerikanischer Film, Preis der Oekumenischen Jury, Independent Spirit Award, Chile, Piffl, ScopeDie transsexuelle Kellnerin Marina (Daniela Vega), die in der Nacht als Sängerin arbeitet, wird vom plötzlichen Tod ihres Geliebten Oscar (Francisco Reyes) aus der Bahn geworfen und muss sich zudem mit zahlreichen Anfeindungen durch die verständnislose Familie des Verstorbenen auseinandersetzen. =========== Nach dem Film bewertet die Transsexuelle Kristina Schneider den Film aus ihrer Sicht und beantwortet Publikumsfragen. Ein "Format", das sich bereits bei "The Danish Girl" bewährt hat. ============ Der unerwartete Tod ihres älteren Partners konfrontiert eine junge chilenische Transgender-Frau mit der Verachtung der Gesellschaft. Während die Polizei ihr demütigende Fragen stellt, will die Familie des Toten sie mit Gewalt von der Beerdigung fernhalten. In die Außenseiter-Position gedrängt, sieht sie sich gezwungen, für ihr Recht auf Trauer zu kämpfen. Genau beobachtendes, kunstvoll aufgebautes Drama, das eine außergewöhnliche Nähe zu seiner brillant verkörperten Hauptfigur aufbaut. Ihr Kampf um Akzeptanz und das Recht auf ihre Trauer erscheinen realistisch und bewegend, während surreale Sequenzen und die Musik einfühlsam ihre Gefühlswelt widerspiegeln. Sehenswert ab 16.
- Freitag, 27. Oktober 2017 - 20:30Kategorien: Stefan, 1SE, 2017, deutscher Film, Film, Archiv, Spielfilm, Filmkunst, Preis der deutschen Filmkritik, tmdU, Was tut sich - im deutschen Film, Piffl, Flat, unser Film des MonatsEin Trupp deutscher Bauarbeiter auf Montage im bulgarischen Hinterland dient Valeska Grisebach in ihrem erst dritten und erneut hervorragenden Film als Anknüpfungspunkt für eine kluge Ergründung von Genrekonventionen und Kommunikationsstrukturen vor dem Hintergrund kultureller Unterschiede. Von Laien gespielt, aus der Wirklichkeit geschöpft, unmittelbar und wahr. (EPD-Film - 5 von 5 Sternen) ========= Ein wortkarger Einzelgänger Ende 40 kommt mit einem Trupp deutscher Bauarbeiter in ein entlegenes Gebiet Bulgariens, um ein Wasserkraftwerk zu errichten, knüpft Freundschaften mit den Bewohnern eines nahe gelegenen Dorfs, was zu Annäherungen, aber auch zu Konflikten führt und ihn zwischen die Fronten geraten lässt. Ein intensives Drama um die tiefe Sehnsucht nach Geborgenheit und einem Platz im Leben. Souverän verbindet der in grandiosen Naturlandschaften schwelgende, eindrucksvoll von Laiendarstellern gespielte „Heimatfilm“ Mythen und Chiffren des Western-Genres mit dem geduldigen neorealistischen Blick auf Möglichkeiten und Grenzen menschlichen Miteinanders. Sehenswert ab 16. (Filmdienst - 5 von 5 Sternen)
- Mittwoch, 11. Oktober 2017 - 15:30Ort: Alte Exerzierhalle am Neuen Rathaus Kategorien: 2017, Kooperation, Tragikomoedie, Film, Archiv, Filmpreis, Spielfilm, Seniorenkino, europaeischer Film, England, PifflEin Angestellter des Londoner Sozialamtes widmet sich hingebungsvoll seiner Aufgabe, Angehörige und Bekannte von Menschen aufzuspüren, die einsam gestorben sind. Er schreibt einfühlsame Reden, organisiert die Beerdigung und kümmert sich um die letzten Dinge. Doch dann wird seine Abteilung aufgelöst und er verliert seinen Job. Ein letzter Fall bleibt ihm noch, in den er sich mit aller Energie stürzt. Doch je mehr er den Spuren des fremden Lebens folgt, desto mehr Distanz bekommt er zu einem eigenen. Eine liebevolle, hervorragend gespielte Komödie, die dem ernsten Thema gesellschaftlicher Vereinsamung mit britischem Humor, vor allem aber mit großer Einfühlsamkeit begegnet. Sehenswert ab 14.
- Dienstag, 15. August 2017 - 19:30Kategorien: 2017, deutscher Film, Film, Archiv, Spielfilm, Preis der deutschen Filmkritik, tmdU, Was tut sich - im deutschen Film, PifflNach gemeinsamen Sommertagen im Griechenland des Jahres 1984 entfremdet sich ein Liebespaar voneinander. Während die junge Deutsche Lehrerin und Mutter wird und nach Berlin zieht, bricht der drogenabhängige junge Engländer unter der seelischen Last zusammen, dass er gemeinsam mit seinem Vater das Leben der im Koma liegenden Mutter beendete. Derweil bemüht sich eine Schauspielerin in Berlin um die Trennung von ihrem Lebensgefährten. Ein betont „verschlossen“ erzählter, im guten Sinne anstrengender Spielfilm, konstruiert als schwebendes Mobile aus Einzelmomenten, die genaues Hinsehen erfordern, um den Erzählungen auf die Spur zu kommen. In seinem faszinierend kargen und strengen Minimalismus erinnert er mitunter an Werke von Robert Bresson und Jean-Luc Godard, fordert dabei ebenso konsequent wie sie dazu auf, sich auf das Abenteuer des Sehens und des Nachdenkens einzulassen. Sehenswert ab 16. (Filmdienst 5 von 5 Sternen) ------------ Angela Schanelec erzählt in ihrem neuen Film von zwei Paaren, die auseinandergehen. Unterschiedliche Zeiten, Orte und Personen fügt sie in loser Szenenfolge zu einem Filmpoem zusammen, das willentlich Lücken lässt, wo sonst Fragen beantwortet werden. »Der traumhafte Weg« ist ein Film grandioser Lücken, in denen man sich verlieren kann. EPD-Film (5 von 5 Sternen) ================================== Ekkehard Knörer im Spiegel: "Angela Schanelec macht Filme, die einem das Sehen, das Denken, das Fühlen, das Hören nicht abnehmen. Oft wird sie angefeindet dafür. Wer aber Lust hat, einer anderen, freieren Logik zu folgen, einer Logik der Rhythmen und Rahmungen und Auslassungen und der Blicke auf Körper und der Lust des einen Bilds auf ein anderes, die oder der wird mit dem Film glücklich werden."
- Freitag, 12. Mai 2017 - 20:30Kategorien: Golden-Globe-Nominierung, 2017, Film, Archiv, Filmpreis, Spielfilm, Biopic, Filmdrama, Historienfilm, lateinamerikanischer Film, Kuenstlerportraet, National Board of Review, Chile, PifflEnde der 1940er-Jahre soll ein chilenischer Polizist den als Kommunisten in Ungnade gefallenen Dichter Pablo Neruda verhaften. Doch der Abgeordnete taucht unter und liefert sich mit seinem Verfolger eineinhalb Jahre lang ein illustres Katz- und Mausspiel. Der zwischen Kammerspiel und Kriminalfilm oszillierende Film arbeitet sich weniger an den biografischen Konturen als an der widersprüchlichen Persona des Schriftstellers ab, der volkstümlich und arrogant, sozial und grausam zugleich war. Eine brillante Bildgestaltung sowie die melodisch-atonale Musik erzeugen eine ambivalente Noir-Atmosphäre, in der das Genie des glänzend besetzten Poeten einen eigenwilligen Glanz entfaltet.
- Freitag, 10. März 2017 - 20:30Kategorien: Stefan, Gilde-Filmpreis, 1SE, 2017, deutscher Film, Screwball-Komoedie, Tragikomoedie, Film, Archiv, Filmpreis, Spielfilm, Nominierung Deutscher Filmpreis - Lola, Thomas-Strittmatter-Drehbuchpreis, Tokyo International Film Festival, Piffl, Scope, unser Film des MonatsEin humorloser deutscher Holocaust-Forscher ereifert sich über das Ansinnen seines Instituts, einen Auschwitz-Kongress von Daimler-Benz sponsern zu lassen. Überdies ärgert ihn seine französische Praktikantin, die mit dem Institutsleiter ein Verhältnis hat. Als sich die beiden näher kommen, entdecken sie überraschende Gemeinsamkeiten in ihren Biografien. Tempo- und pointenreich inszenierte, herausragend gespielte Liebesgeschichte um einen Täter-Enkel und eine Opfer-Enkelin. Angelegt als treffsichere Screwball-Komödie über das politisch Unkorrekte vor dem Hintergrund des Holocaust. -------------------------- Eine Screwball-Komödie um Holocaustforscher, kann das funktionieren? Der Film „Die Blumen von gestern“ wird von der Kritik wahlweise als „ungeheuer komisch“ und „zutiefst berührend“ (Zeit online), als „nicht nur unangenehm, sondern peinlich“ (FAZ) oder als „hanebüchene“ Kostprobe des „neuen deutschen Geschichtskinos“ (Tagesspiegel) beschrieben.