GEGENLICHTER – Suche nach Paul Celan (anschließend Filmgespräch mit Regisseurin Katharina Mihm)
In Kooperation mit der "RWLE Möller Stiftung -- Celle".
Der heutige Abend findet anläßlich des 65. Geburtstages von RWLE Möller (1952-2001) statt. Stadtchronist, Paradiesvogel, Künstler und Mitbegründer des Jugendzentrums, das schließlich in das Bunte Haus mündete - ein Maler, der ursprünglich Filmemacher werden wollte.
Die Einführung wird von Oskar Ansull gehalten.
Die Regisseurin Katharina Mihm aus Berlin ist heute Abend zu Gast im achteinhalb.
Katharina Mihm war von Oktober 2009 bis September 2010 Stipendiatin der RWLE Möller Stiftung.
Ihr Kinodokumentarfilm "GEGENLICHTER. Suche nach Paul Celan" (2011) ist eine filmische Entsprechung der Poetik Celans - ein Dichter, der auch Eingang in das malerische Oeuvre RWLE Möllers fand.
Die RWLE Möller Stiftung hat Katharina Mihm in der Konzeptionsphase des Films durch ein Arbeitsstipendium unterstützt.
Die direkte Filmförderung geschah durch die Sektion II Filmförderung "Innovative Film Austria", Kunst und Kultur des Bundeskanzleramts Österreich.
Katharina Mihm wurde am 28.11.1983 als deutsch-‐österreichische Staatsbürgerin in Berlin geboren. Sie studierte Filmregie an der Universidad del Cine, Buenos Aires. Sie arbeitet und lebt als freie Regisseurin und Autorin in Berlin. „GEGENLICHTER. Suche nach Paul Celan“ ist ihr erster Kinofilm.
Eintritt: frei
Reservierung: 1 Euro
Österreich 2011
70 Minuten
Kamera: Mathias Becker
Schnitt & Farbkorrektur: Andi Winter
Ton: Gregor Kuschel, Wilm Brucker
Sound-Design: Gregor Kuschel
Mischung: Urs Hauck
Musik: Ensemble Sonorfeo
Produktionsleitung: Willi Lanzinger
Producer: Gerlinde Gruber
Eine Produktion der e&a Film GmbH
Dank an die RWLE Möller Stiftung - Celle
mit: Oskar Ansull, Jean Bollack, Johannes Gockeler, Arnau Pons, Rütjer Rühle, Frieder Schuller, Eva Wal
u.v.a.
Filmhomepage
Webseite von Katharina Mihm
Facebookseite des Rumänischen Kulturinstitut Berlin anläßlich eines Filmabends in Anwesenheit der Regisseurin und einer Lesung mit Oskar Ansull
Synopsis / Zusammenfassung:
In der filmischen Suche leuchten, wie Streiflichter in einem schwarzen Raum, Bildsequenzen aus Ost- und Westeuropa auf, verschwinden und kehren wieder. Es entsteht ein Geflecht, das auf Leben und Werk des Dichters Paul Celan (1920–1970) beruht. Je nach Dichte oder Transparenz des hoch poetischen Geflechts wird diese Grundlage auf den ersten Blick mal mehr, mal weniger deutlich sichtbar: Es alternieren biografische Orte mit Beiträgen von Menschen, die sich auf unterschiedliche Weise auf Celans Gedichte eingelassen haben. Die Suche nach einer filmischen Entsprechung der Poetik Celans führt diesen Film an die Ränder des „Sprachzerfalls“ von Dichtung und Leben, er muss sich hier der Konkretion wie Abstraktion stellen. Der Film bewegt sich im Schärfe- und Unschärfebereich von Dichtung und berührt so seinen Gegenstand auf ungewöhnliche Weise, im Gegenlicht.
Inhalt:
Der Film vollzieht eine Annäherung an das Leben und Werk Paul Celans und sucht hierbei nach dem Wenigen, das nach dem Tod eines Menschen, den man nie persönlich gekannt hat, noch bleibt. Orte in Ost- und Westeuropa, die im Leben des Dichters bedeutsam gewesen sein müssen, tauchen in geschlossenen Sequenzen vor dunklem Hintergrund auf und wieder unter. Die biographische Information beschränkt sich auf das Nötigste und lässt dem Zuschauer Raum, Spuren Celans in Bildern der Gegenwart zu suchen - oder sogar neu zu setzen.
Auch Menschen, die sich auf sehr unterschiedlicher Weise mit dem Werk Celans beschäftigen, kommen immer wieder zu Wort und verdeutlichen fast konträre Herangehensweisen an seine Dichtung.
Im Alternieren dieser Bild- und Tonsequenzen entsteht ein Geflecht, das den Zuschauer in völlig verschiedene Facetten von Celans Leben und Werk eintauchen lässt. Diese Facetten sind zum einen eher inhaltlich, zum anderen formal motiviert, und so wechselt auch die Art der Inszenierung fortwährend.
Der Film bemüht sich sehr vorsichtig um formale Entsprechungen zu Celans Werk, stößt hierbei jedoch immer wieder an Grenzen und findet sein Ende in dem Moment, wo durch Brüche hindurch die größtmögliche Nähe zum Dichter gefunden wurde. Auf diese Weise legt „Gegenlichter“ nicht primär eine während der Dreharbeiten und der Recherchetätigkeiten vollzogene Suche nach Paul Celan dar, sondern lädt den Zuschauer dazu ein, diese Suche selbst durch den Film hindurch zu vollziehen.
DIRECTOR´S NOTE
Schwer fassbar und dunkel liegen das Leben und Werk des Dichters Paul Celan (1920 – 1970) vor demjenigen, der sich ihm zu nähern versucht: „Historisches Dunkel“ der entsetzlichen Verbrechen des „Dritten Reiches“ und deren Folgen, „persönliches Dunkel“ im Leben des Dichters, das er stets vor der Außenwelt zu verschließen suchte und schließlich das außergewöhnliche, tiefe und komplexe Dunkel seiner Dichtung, zu derer Entschlüsselung bis heute immer wieder neue Zugänge gesucht werden.
Wie kann sich der Film, der wie kein anderes künstlerisches Medium mit dem Licht operieren muss, zu so viel Dunkel verhalten? Wie kann er einen Zugang zum Leben und Werk Celans finden, ohne Dinge zu zerstören, indem er sie ans Licht zerrt? Diese Frage stand für mich im Mittelpunkt der Inszenierung.
Mit dem Film „Gegenlichter“ versuche ich, eine gegenwärtige „Wirklichkeit“ so zu betrachten, dass eine in ihr lebende Vergangenheit spürbar werden kann. Bestehende biografische Fakten sollen nicht einfach fraglos „übernommen“ werden, sondern müssen immer mit der Gegenwart in Beziehung treten; es ist ja fraglich, inwieweit sie tatsächlich imstande sind, ein Menschenleben widerzuspiegeln. So beschreibt „Gegenlichter“ zum einen eine filmische Suche nach dem Wenigen, das überhaupt gesagt und gezeigt werden kann über eine Person, die man nie gekannt hat. Zum anderen versucht der Film eine vorsichtige Annäherung an das Werk Celans, die sowohl inhaltlich als auch formal geschieht und immer nur lückenhaft und fragmentarisch sein kann. Es bleibt dem Zuschauer überlassen, in das Dunkel weiter vorzudringen, vor dem der Film zurückbleiben muss.