Seniorenkino: Unterwegs mit Jacqueline

  Dienstag, 06. Juni 2017 - 15:30 bis - 17:30

Ort: Alte Exerzierhalle am Neuen Rathaus
Einlass: ab 14.30 Uhr
Eintritt: 4,00 €
Kaffee und Kuchen für 2,50

Frankreich 2016
Kinostaet: 14. Juli 2016
92 Minuten
FSK:  ab 0; f


Regie: Mohamed Hamidi
Buch: Mohamed Hamidi, Alain-Michel Blanc, Fatsah Bouyahmed
Kamera: Elin Kirschfink
Musik: Ibrahim Maalouf
Schnitt:Marion Monnier


Darsteller:
Fatsah Bouyahmed (Fatah), Lambert Wilson (Philippe), Jamel Debbouze (Hassan), Julia Piaton (Junge Reporterin), Hajar Masdouki (Naïma), Abdellah Chakiri (Mokhtar), Amal El Atrache (Lehrerin), Miloud Khetib (Hamé), Christian Ameri (Lucien)

Filmhomepage, Wikipedia, EPD-Filmmagazin, Programmkino.de 

Der Filmdienst ist seit Jahren die führende deutsche Kinofilmfachzeitschrift. Da die Kritiken des Filmdiensts nicht ohne weiteres zugänglich sind, drucken wir sie hier ab, unabhängig ob sie positiv oder negativ ausfallen. Unser Ehrgeiz ist es nicht, Interessierte mit hohlen Versprechungen oder plakativen Etikettierunen wie "Kunstfilm" oder "besonderer Film"  ins achteinhalb zu locken. Die wenigstens Filme erhalten vom Filmdienst eine positive Kritik. Es ist daher durchaus so, dass Filme, die dort nicht so positiv "wegkommen", ansonsten durchweg positive Kritiken erhalten haben und wir auch einige Filme "klasse" gefunden haben, die vom Filmdienst kritisch bewertet worden sind. Es ist halt eine Meinung unter mehreren, aber in der Regel eine fundierte. Die höchste Auszeichnung ist das Prädikat "sehenswert", die Altersempfehlung ist eine pädagogische.

Kurzkritik Filmdienst
Ein Dorfbewohner aus Algerien möchte mit seiner Lieblingskuh an der Landwirtschaftsmesse in Paris teilnehmen. Da sein Vermögen aber nur für die Überfahrt reicht, müssen er und das Tier die Strecke von Marseille bis in die Hauptstadt zu Fuß bewältigen. Das liebenswerte Road Movie bietet reichlich Anlass für abenteuerliche Wendungen, wobei das ungleiche Duo fast nur auf nette, hilfsbereite Menschen trifft. Am gemächlichen Duktus des routiniert inszenierten Wohlfühlfilms ändert auch die Countdown-Dramaturgie im letzten Drittel kaum etwas.
Ab 14.   
Reinhard Lüke, FILMDIENST 2016/14


Trailer (139 Sekunden):



ausführliche Kritik Filmdienst
Vor drei Jahren begleitete der Dokumentarfilm „Die schöne Krista“ eine Holsteiner Kuh und ihren Besitzer bei ihrem aufopferungsvollen Kampf um die Trophäe des schönsten Rindviehs der Welt. Nun schickt Regisseur Mohamed Hamidi, ein Franzose mit algerischen Wurzeln, in seinem Spielfilm ebenfalls eine Kuh zu einem Schönheitswettbewerb, die zuvor jedoch einen echten Gewaltmarsch absolvieren muss.

In einem kleinen Dorf in Algerien führt der Bauer Fatah mit Frau und zwei Töchtern ein bescheidenes, aber durchaus zufriedenes Leben. Sein ganzer Stolz ist seine Kuh Jacqueline, die er für das schönste Tier der Welt hält. Für diese Überzeugung ist er sogar bereit, sich zum Gespött der Dörfler zu machen. Doch die Häme endet jäh, als Fatah nach mehreren vergeblichen Versuchen eine Einladung nach Paris erhält, um Jacqueline auf der Landwirtschaftsmesse zu präsentieren. Der Bauer ist außer sich vor Freude, doch die Sache hat einen Haken: Die Reisekosten für Kuh und Halter werden vom Veranstalter nicht übernommen. Fatah ist jedoch bettelarm und das Geld, das die Dorfgemeinschaft ihm zur Verfügung stellt, reicht nur für eine Überfahrt nach Marseille. Kein Problem, sagt sich Fatah, den Rest der Strecke könne er ja mit Jacqueline bequem zu Fuß zurücklegen.

Spätestens hier wäre die Geschichte im wahren Leben zu Ende, doch in Komödien sind kühne bis schräge Expositionen nicht unbedingt von Nachteil. So begleitet das Road Movie Fatah und Jacqueline auf ihrem Fußmarsch von der Côte d’Azur in die Hauptstadt. Die Reise bringt natürlich reichlich Abenteuer mit sich, aber der fröhliche Landmann stößt durch seine freundlich-offene Art überall auf große Sympathien. Eine Bäuerin gewährt ihm Quartier, ein verarmter Gutsherr hilft dem Wanderer in jeder erdenklichen Form. So viel Nettigkeit tut dem Film auf die Dauer aber nicht gut. Aus dem der Geschichte inhärenten „Clash of Culture“ wissen die Macher keinen Gewinn zu schlagen. Zwar landet Fatah vorübergehend im Gefängnis, aber nur, weil er irrtümlich in eine Demonstration von wütenden Bauern gerät.

Der nicht geplante Aufenthalt hinter Gittern bringt seinen Zeitplan durcheinander, wodurch die Komödie im letzten Drittel eine Countdown-Dramaturgie erhält. Wobei sich die Frage, ob es das Duo rechtzeitig nach Paris schaffen wird, nicht wirklich stellt. Wenig überzeugend erscheint auch der Umstand, dass der Analphabet Fatah per Handy die Dorfgemeinschaft mit Fotos auf dem Laufenden hält und schließlich Fernsehinterviews gibt, als habe er nie etwas anderes getan. Hauptdarsteller Fatsah Bouyahmed, der mit Hamidi bereits bei dessen Debütfilm „Né quelque par“ zusammengearbeitet hat, verleiht dem kauzigen Bauern zwar unwiderstehlichen Charme, ist aber mit der Aufgabe, den Film praktisch allein tragen zu müssen, doch etwas überfordert. Unterm Strich ist diese Komödie ein gemächliches, manchmal liebenswertes Feel-Good-Movie, dem unterwegs jedoch die Luft ausgeht.

Reinhard Lüke, FILMDIENST 2016/14