Cäsar muss sterben
Eintritt: 5,00 €
USA/Vereinigte Arabische Emirate, 2012
Kinostart: 20. Juni 13
107 Minuten
FBW: Prädikat besonders wertvoll
FSK: ab 6 Jahre
Verleih: UPI - Universal Pictures, 35mm
Regie: Gus Van Sant
Buch: John Krasinski, Matt Damon
Darsteller: Matt Damon (Steve Butler), John Krasinski (Dustin Noble), Frances McDormand (Sue Thomason), Rosemarie DeWitt (Alice), Scoot McNairy (Jeff Dennon), Titus Welliver (Rob), Hal Holbrook (Frank Yates), Terry Kinney (David), Tim Guinee (Drew), Karen Baum (Lynn)
Kurzkritik Filmdienst:
Zwei Mitarbeiter eines Energiekonzerns wollen die Einwohner eines verarmten Landstrichs in Pennsylvania für das ökologisch umstrittene "Fracking" gewinnen. Als ihre Aufkäufe durch einen Umweltschützer torpediert werden, stoßen sie auf immer mehr Widerstand. Getragen von großartigen Darstellern und treffsicheren Dialogen, arbeitet sich die ambivalente Umwelt-Dramödie immer stärker zu einer Kritik am Gebaren der Energiekonzerne vor und erzählt mit den klassischen Elementen des Entwicklungsdramas vom Zwiespalt zwischen finanzieller Absicherung und ökologischem Gewissen. - Sehenswert ab 14.
Kathrin Häger Kritik aus film-dienst Nr. 13/2013
Wikipedia
Filmgazette, Programmkino
Pressespiegel
Filmdienst auführliche Kritik:
Gewaltsam brechen riesige Bohrer durch die Erdscholle. Schicht für Schicht sollen sie dorthin vordringen, wo der Schiefer das Erdgas eingeschlossen hat. Wasser, Sand und ein undefinierbarer Cocktail aus Chemikalien wird in die Erde geschossen, um das wertvolle Gas freizusetzen. „Fracking“ heißt die unsaubere Fördermethode eines „sauberen“ Energieträgers, der wesentlich schadstoffarmer verbrennt als Erdöl – und anders als Brennstäbe keiner Endlagerung bedarf. Für die lukrative Energiegewinnung auf ureigenem Territorium wird nur noch ein Landstrich benötigt, dessen Bewohner die potentielle Verseuchung des Grundwassers zu tragen bereit sind. Bauernopfer für die urbane Mobilität sozusagen – und wo fände man die besser als unter Bauern, die ohnehin schon Opfer sind.
Einen dieser wirtschaftlich brachliegenden Landstriche verortet der Regisseur Gus Van Sant im Nordwesten von Pennsylvania. In den müden Augen der Farmer glänzen plötzlich Dollarzeichen, als sie von Steve Butler (Matt Damon) und Sue Thomason (Frances McDormand) erfahren, dass unter ihrem Land millionenschwere Erdgas-Vorräte schlummern. Steve und Sue arbeiten für Global, einen Big Player, der nichts dem Zufall überlässt. Genauso wie ihr erfolgreiches „Erschließer“-Team. Immer dieselben sympathischen Sprüche auf den Lippen, den Körper mit den beliebten Flanellhemden verkleidet und mit einer Lokalrunde als Standardprogramm gehen Steve und Sue auf Eroberungstour. Ihr Ziel sind Land- und Bohrrechte, ihre Waffen harte Dollar, die in Aussicht gestellte bessere Zukunft für die bankrotten Farmer und kleine Euphemismen bezüglich der Umweltrisiken. Wenn die nicht fruchten, dann gibt es auch mal ein Bündel Bestechungsgeld für die Verantwortlichen.
Auch in Pennsylvania läuft zunächst alles wie am Schnürchen. Dann aber schürt ein Dorfschullehrer und ehemaliger MIT-Physiker das Misstrauen, das die Aussicht auf den schnellen Reibach zuvor verdrängt hatte. Eine Abstimmung soll her. Die würde für Global vielleicht gar nicht so schlecht ausgehen, wenn die Aufkäufe nicht auch noch von einem jungen Umweltschützer torpediert würden, der durch das Fracking einst seine Farm verlor.
Doch Steve und Sue sind keine schlechten Menschen, dafür ist Van Sants Anti-Konzern-Film viel zu sehr auf narrative Ambiguität bedacht. Steve, der kurz vor einer Beförderung steht, stammt selbst aus einer Farmer-Gemeinde, die mit der Schließung einer Caterpillar-Fabrik vor die Hunde ging. Für die alleinerziehende Mutter Sue hingegen ist „alles nur ein Job“, die Moral lässt sie gerne zu Hause.
Wunderschön sind die Luftaufnahmen der gelb-grünen Feldquadrate voller Einsprengsel aus Getreidesilos und Viehherden, wenn die beiden Global-Invasoren von einer Farm zur anderen tuckern, den Vertrag im Anschlag und die Nase etwas zu hoch in der Luft. Sie fahren durch ein Land mit Geschichte, dem nach dem wirtschaftlichen GAU bald auch noch ein ökologischer bevorstehen könnte.
Gus Van Sants Oevre spaltet sich in die Arthaus-Fraktion bedrückender Jugend-Porträts wie „Elephant“ oder „Paranoid Park“ und in den Hollywood-Sektor mit Filmen wie „Good Will Hunting“ oder „Milk“. In „Promised Land“ hat er ein Drehbuch von John Krasinski und Matt Damon verfilmt, das eher in die Hollywood-Schiene gehört. „Ich hätte das Geld genommen und wäre abgehauen“ – „Wo sollen wir denn alle hin?“, wird Steve in einer der hervorragend geschriebenen Dialogszenen einmal gefragt, die das unverfängliche Gespräch über Steves Vergangenheit in das Hier und Jetzt der plötzlich erhellten Zukunft durch Global überführt. In einen einzigen Satz wird Steves wachsender Zwiespalt gepresst, der so viel tiefer angelegt ist als beispielsweise der der zynischen Lobbyisten in „Thank You For Smoking“.
„Promised Land“ erzählt von der klassischen Erziehung des Herzens vor der Folie eines Landes, das vom Wunsch zerrissen wird, selbst ein Stück vom Kuchen des Kapitalismus abzubekommen, während das Land der Vorväter erhalten werden soll – unterlegt von den melancholisch-weichen Country-Klängen Danny Elfmans. Es ist eine zweiseitige Medaille, die Van Sant hier geschickt am Drehen hält, aufgelockert durch die kollegialen Kabbeleien zwischen Matt Damon und der fantastisch trockenen Frances McDormand, und geerdet durch einen unerwarteten, machiavellistischen Hakenschlag der Geschichte. Man könnte Van Sants Inszenierung mit den klassischen Hollywood-Elementen höchstens ihre erzählerische Effizienz vorwerfen – und dass diese Effizienz von einer arabischen Produktionsfirma co-finanziert wurde, was dem Film den Vorwurf eingebracht hat, unter direkter, realpolitischer Einflussnahme zu stehen. Aber das wäre ähnlich vergebens, wie dem Verbraucher einen vordergründig saubereren, hocheffizienten Treibstoff ausreden zu wollen, egal wo und zu welchem Preis er gefördert wurde.
Kathrin Häger, Kritik aus film-dienst Nr. 13/2013