Once - Liebe nach Noten

  Freitag, 28. März 2008 - 20:30 bis - 22:30

Eintritt: 5,00 €

Irland 2006
87 Minuten
FSK:  ab 0; f
Erstaufführung: 17.1.2008

Regie/Drehbuch: John Carney
Kamera: Tim Fleming
Musik: Glen Hansard, Markéta Irglová
Schnitt: Paul Mullen
Verleih: Studiocanal

Darsteller:
Glen Hansard (Straßenmusiker), Markéta Irglová (Mädchen), Hugh Walsh (Timmy Drummer), Gerry Hendrick (Leadgitarrist), Alaistair Foley (Bassist), Geoff Minogue (Eamon), Bill Hodnett (Vater des Straßenmusikers), Danuse Ktrestova (Mutter des Mädchens), Darren Healy (Heroinabhängiger), Mal Whyte (Bill), Marcella Plunkett (Exfreundin), Niall Cleary (Bob)

Auszeichnungen:
Glen Hansard, Oscar 2008, Bester Filmsong: "Falling Slowly"
Markéta Irglová, Oscar 2008, Bester Filmsong: "Falling Slowly"
Kurzkritik:

 

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Der Filmdienst ist seit Jahren die führende deutsche Kinofilmfachzeitschrift. Da die Kritiken des Filmdiensts nicht ohne weiteres zugänglich sind, drucken wir sie hier ab, unabhängig ob sie positiv oder negativ ausfallen. Unser Ehrgeiz ist es nicht, Interessierte mit hohlen Versprechungen oder plakativen Etikettierunen wie "Kunstfilm" oder "besonderer Film"  ins achteinhalb zu locken. Die wenigstens Filme erhalten vom Filmdienst eine positive Kritik. Es ist daher durchaus so, dass Filme, die dort nicht so positiv "wegkommen", ansonsten durchweg positive Kritiken erhalten haben und wir auch einige Filme "klasse" gefunden haben, die vom Filmdienst kritisch bewertet worden sind. Es ist halt eine Meinung unter mehreren, aber in der Regel eine fundierte. Die höchste Auszeichnung ist das Prädikat "sehenswert", die Altersempfehlung ist eine pädagogische.

Kurzkritik Filmdienst
Ein liebeskranker irischer Straßenmusiker gewinnt die Liebe einer unscheinbaren Rosenverkäuferin, einer tschechischen Exilantin, die sich als Klaviervirtuosin entpuppt. Der sympathisch unterhaltende Musikfilm belebt mit zwei engagierten Schauspielern das Genre des Backstage-Musicals neu und stellt den mittlerweile im Kino üblichen Ausstattungsorgien eine angenehme Bodenhaftung entgegen.
Ab 14.
Michael Kohler, FILMDIENST 2008/2

Trailer (113 Sekunden):



ausführliche Kritik Filmdienst
In einer Dubliner Einkaufsstraße hat ein namenloser Musiker sein Revier abgesteckt. Es reicht, soweit seine Stimme trägt und jemand seine irischen Gassenhauer hören will. Wenn sich abends die Straßen leeren, greift er auf ein Repertoire eigener Kompositionen zurück und singt, mit dem gebrochenen Herzen auf der Zunge, in den eigenen Schmerz versunken gegen Schicksal und Häuserwände an. Er müsse wohl sehr verliebt gewesen sein, vermutet eine Rosenverkäuferin, die einsam in der Nähe steht und das verschämte Leugnen des Sängers sofort durchschaut. Mit diesen unscheinbaren Straßenszenen beginnt John Carney sein Musical „Once” und markiert ganz beiläufig den romantischen Widerspruch, in den sich jede derart offensichtlich persönlich gefärbte Kunst verfängt: Sie ist an einen ganz bestimmten Menschen adressiert, ersetzt ihn aber durch ein anonymes Publikum. Wie das Rosenmädchen fühlt sich auch der Zuschauer ungefragt zum Zeugen einer intimen Gefühlsregung gemacht, und wie dieses tritt er selbst dann neugierig näher, wenn er mit der dargebotenen Variante der Folk-Musik nicht allzu viel anfangen kann.


In der amerikanischen Kritik wurde Carneys Independent-Film zum Gegenentwurf des Hollywoodschen Ausstattungsmusicals erklärt, was einerseits etwas übertrieben scheint, andererseits sehr schön den Unterschied zu „Chicago” (fd 35 842) oder „Hairspray” (fd 38 301) beschreibt. In der mit einigen klaren Strichen gezeichneten sozialen Misere käme niemand auf die Idee, einfach so auf offener Straße in Gesang zu verfallen, stattdessen zeigt Carney mit einfachsten Mitteln, wie zwei Menschen über die Musik zusammenfinden. Die Frau mit den Rosen hat in ihrer tschechischen Heimat Klavier spielen gelernt und schlüpft mit dem Straßensänger während der Mittagspause in ein Musikaliengeschäft. Sie setzt sich an einen Flügel und begleitet ihn, während er eine seiner Kompositionen spielt. Nach kurzer Zeit beginnen sie immer besser zu harmonieren, was hier nicht nur ins zitternde Kitschherz trifft, sondern auch ins Herz der musikalischen Sache selbst.

Nach dieser wunderschönen Szene bilden die beiden Hauptfiguren ein Duett, was zunächst nur bedeutet, dass er ihr seine Lieder vorträgt und sie sich an einem Text für einen unvollendeten Song versucht. Nebenher repariert er ihren Staubsauger, macht einen ungeschickten Annäherungsversuch, für den er sich gleich wieder schämt, und lernt Mutter und Tochter der tschechischen Arbeitsimmigrantin kennen. Schließlich überlässt er ihr seinen Walkman und eine Kassette seiner Lieder, vergisst allerdings volle Batterien und bringt damit eine verblüffende Mischung aus Melodramatik und Understatement in den Film. Um sich frische Batterien leisten zu können, muss die Mutter heimlich das Sparschwein ihrer kleinen Tochter leeren – zum Glück wird dieses Wagnis bereits auf dem Heimweg vom Tante-Emma-Laden belohnt. Die Heldin summt den halbfertigen Liedtext vor sich hin, und plötzlich wandelt sich die Dubliner Nacht zur großen Bühne der Empfindsamkeit. Auf seine eigene Art führt „Once” das Genre des klassischen Backstage-Musicals fort und zeigt, wie seine Musik entsteht. Dazu passt, dass die beiden Hauptdarsteller, der Singer-Songwriter Glen Hansard und das musikalische Multitalent Markéta Irglová, bereits ein gemeinsames Album aufgenommen haben und ihr musikalisches Zusammenfinden hier noch einmal in dramatisch verwandelter Form darstellen. Am Ende wartet dann nicht die prachtvolle Ausstattungsorgie auf das mühelos in Atem gehaltene Publikum, sondern ein Wochenende im Tonstudio. Das Geld leiht den beiden ein verhinderter Sänger in der Kreditabteilung einer Bank, die Begleitband findet sich auf einer Dubliner Straße. So viel Magie darf auch in diesem Musical nicht fehlen.

Michael Kohler, FILMDIENST 2008/2