Seniorenkino: Man lernt nie aus

  Dienstag, 01. März 2016 - 15:30 bis - 17:30

Eintritt: 5,00 €

Komödie USA 2015
Kinostart: 24. September 2015

122 Minuten
FSK: ab 0; f

 
Regie/Buch/Produktion: Nancy Meyers
Kamera: Stephen Goldblatt
Musik:Theodore Shapiro
Schnitt: Robert Leighton


Darsteller:
Robert De Niro (Ben Whittaker), Anne Hathaway (Jules Ostin), Rene Russo (Fiona), Anders Holm (Matt), Andrew Rannells (Cameron), Adam Devine (Jason), Celia Weston (Doris), Nat Wolff (Justin), Linda Lavin (Patty), Zack Pearlman (Davis), Jason Orley (Lewis), Christina Scherer (Becky Scott), Drena de Niro (Hotelmanagerin)

 

Filmhomepage, Wikipedia

Kurzkritik Filmdienst

Ein rüstiger 70-Jähriger fühlt sich im Ruhestand nicht wohl und heuert als Senior-Praktikant bei der jungen Chefin eines aufstrebenden New Yorker Unternehmens an, das Mode im Internet vertreibt. Anfangs wird der Neuzugang belächelt, doch dank seiner charmanten Art findet er bei den Kollegen schnell Anklang und steht auch der überforderten Geschäftsführerin mit Rat und Tat zur Seite. Prominent besetzter Nostalgie-Film, der geschickt mit den Versatzstücken der romantischen Komödie jongliert. Er unterhält mit kurzweiligem Wortwitz und virtuoser Situationskomik, während er zugleich über das Aufeinanderprallen der Generationen nachdenkt. - Ab 14. 

Trailer:


ausführliche Kritik Filmdienst

Der Praktikant: jung, ahnungslos, unterbezahlt. Dies gilt mehr oder weniger fürs Leben wie fürs Kino. Für „Man lernt nie aus“ (der Originaltitel lautet „The Intern“, wörtlich übersetzt also „Der Praktikant“) aber hat die Drehbuchautorin und Regisseurin Nancy Meyers eine neue Spezies erfunden: alt, kultiviert, unterbezahlt (was hier jedoch egal ist, da Geld keine Rolle spielt). Meyersʼ Programm klingt wie politisch äußerst korrekt. Vielleicht gibt es in New York ja wirklich schon Senioren-Praktika. Jede Firma jedenfalls, so lautet hier die Auflage der Stadt, soll Praktikanten fortgeschrittenen Alters einstellen. Das diene der Integration und dem Austausch der Generationen.
Nancy Meyers hat sich in all ihren Filmen bislang dem romantisch-komödiantischen Aus- und Schlagabtausch der Geschlechter gewidmet, von „Ein Zwilling kommt selten allein“ , mit Lindsay Lohan in einer Doppelrolle als „doppeltes Lottchen“) über „Was Frauen wollen“ bis zu „Wenn Liebe so einfach wäre“. Auch in „Man lernt nie aus“ gibt es einen moralisch recht einfach gestrickten Sub-Plot, der das Verhältnis der Geschlechter in modernen Zeiten beleuchtet. Im Zentrum aber steht die Beziehung der aufstrebenden Start-Up-Gründerin Jules zu ihrem Seniorenpraktikanten Ben Whittaker; und damit auch der Clash moderner mit vergangenen Zeiten, der Clash der Generationen.
Die Autorin hat die Figur des Ben dafür mit der Vergangenheit eines Dinosauriers ausgestattet, hat der doch 40 Jahre lang in einem Telefonbuchverlag gearbeitet, dem denkbar größten Kontrast zu der Welt, mit der er nun als Seniorenpraktikant konfrontiert ist. Jules’ Firma ist ein Unternehmen, das Mode im Internet vertreibt, es geht also um Klicks, Likes, Follower, Instagram, Twitter etc.
Als Ben dort anfängt und Jules auch noch als ihr persönlicher Praktikant zugeteilt wird, ist er für die Chefin nur ein weiterer Klotz am Bein ihres stressigen Arbeitsalltags. Ben dagegen lernt schnell, begreift intuitiv, was zu tun ist, und freundet sich nicht nur mit den anderen Praktikanten, sondern auch mit vielen Mitarbeitern an. Er erscheint jeden Tag im Anzug zur Arbeit, mit einem Lederkoffer, der ihn einen großen Teil seines Arbeitslebens begleitet hat. Auch sein Kleidungsstil ordnet ihn deutlich einer anderen Ära zu. Lediglich Jules kann mit ihm mithalten – die übrigen Angestellten erscheinen hip und leger im Tagesoutfit. Über ihr Kostüm wird schon vor der eigentlichen Annäherung so ein Band zwischen den Generationen geknüpft.
Die beiden Hauptrollen sind mit Anne Hathaway und Robert De Niro besetzt. De Niro spielt herrlich selbstironisch den zuvorkommenden Gentleman, der seine hektische Chefin nach und nach Besonnenheit, Aufmerksamkeit und Mitarbeiterführung lehrt. Ein wenig lässt sich seine Gentleman-Figur auch als ironischer Kommentar auf die eigene Karriere lesen, gibt De Niro doch seit einigen Jahren verstärkt den „grumpy old man“ in Komödien. Anne Hathaways Besetzung geht wohl auf ihre Rolle als Assistentin der autokratischen Chefredakteurin in „Der Teufel trägt Prada“  zurück; ihre aktuelle Rolle könnte gewissermaßen die karrieristische Fortsetzung sein. Gemeinsam funktionieren Hathaway und De Niro als ungleiches Paar in bester Screwball-Manier – mit virtuosen Schlagabtäuschen, Wortwitz und Situationskomik.
„Man lernt nie aus“ spielt mit den Versatzstücken der romantischen Komödie; einmal schnarcht Jules im Auto, das Ben fährt, einmal reden die beiden im Hotelbett und Ben weint bei einem alten Hollywoodfilm. Mehr noch als in Meyers’ anderen Filmen spürt man hier einen Hang zum klassischen Hollywood-Kino. „Man lernt nie aus“ erzählt von diesen Filmen auf der Metaebene, nicht nur in dem Moment, in dem das Melodram im Hotelzimmer über den Bildschirm flimmert. Mehr noch: Wer sich den Film im Kino anschaut und nostalgisch an Telefonbücher zurückdenkt, darf sich fragen, ob in diesem Moment der hippe, junge Mitarbeiter eines Modeunternehmens nicht ähnlich nostalgisch an einen Kinobesuch zurückdenkt.

Julia Teichmann, FILMDIENST 2015/20