The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben
Eintritt: 5,00 €
Am 22. Februar erhielt Graham Moore den Oscar 2015 in der Kategorie "Bestes adaptiertes Drehbuch". (Geliehen hatten wir ihn übrigens vor der Oscarverleihung.)
Insgesamt erhielt "The Imitation Game" 8 Nominierungen für die Oscarverleihung am 22. Februar.
Weitere Auszeichnungen und Nominierungen
Großbritannien/USA 2014
Kinostart: 22. Januar 2015
114 Minuten
FSK: ab 12
Regie: Morten Tyldum
Drehbuch: Graham Moore
Vorlage: Andrew Hodges (Buch: "Alan Turing - Enigma")
Kamera: Óscar Faura
Musik: Alexandre Desplat
Schnitt: William Goldenberg
Darsteller: Benedict Cumberbatch (Alan Turing), Keira Knightley (Joan Clarke), Matthew Goode (Hugh Alexander), Rory Kinnear (Det. Robert Nock), Allen Leech (John Cairncross), Matthew Beard (Peter Hilton), Charles Dance (Commander Denniston), Mark Strong (Stewart Menzies), James Northcote (Jack Good), Tom Goodman-Hill (Sgt. Staehl), Steven Waddington (Superintendent Smith)
Filmhomepage, WIKIPEDIA, Filmgazette1, Filmgazette2, Programmkino.de
Pressespiegel
Kurzkritik Filmdienst
Der brillante junge Mathematiker Alan Turing wird im Zweiten Weltkrieg von der britischen Regierung in ein Team von Kryptographen berufen, um die Codes der Enigma-Verschlüsselungsmaschine zu knacken, auf denen der deutsche Funkverkehr beruht. Dabei machen ihm nicht nur technische Probleme zu schaffen, sondern auch seine überhebliche Art, die ihm Gegner in den eigenen Reihen schafft. Konventionelle Filmbiografie, die den Wettlauf gegen die Zeit aber spannend umsetzt und mit einem grandiosen Hauptdarsteller aufwartet. Zwiespältig ist der Film in der Abbildung von Turings Homosexualität, die zwar nicht ausgespart, aber an die Ränder verschoben wird und weitgehend abstrakt bleibt. - Ab 16.
Trailer:
Das Filmmagazin "Kino, Kino"von Bayern III über "The Imitation Game" (3 Minuten)
Wie ein Mathegenie Hitler knackte - ARTE Doku (60 Minuten)
ausführliche Kritik Filmdienst
Wesentlich leichter zu entschlüsseln als die Enigma-Codes sind die Formeln, nach denen „The Imitation Game“ funktioniert. Der amerikanische Drehbuchautor Graham Moore und der norwegische Regisseur Morten Tyldum haben den Film nach klassischen Bio-Pic-Regeln angelegt und sich die historischen Fakten dementsprechend zurechtarrangiert. Der Held muss sich mit ignoranten Gegenspielern herumschlagen, die ihm Steine in den Weg legen, weil sie Turings Maschine für eine Spinnerei halten. Das Drehbuch hat dafür eine Reihe von Konfrontationsszenen erfunden, die dank guter Dialoge recht effektiv ausfallen, auch wenn sie ein wenig überdeutlich um Sympathie für den Außenseiter buhlen. Dieser erscheint ich-fixiert, herablassend und ohne Sinn für Humor – der Urvater aller Nerds. Seine Besetzung mit Benedict Cumberbatch lag nach dessen Nerd-Rolle als „Sherlock“ auf der Hand; Cumberbatch bietet allerdings nicht einfach eine Wiederholung seiner populären Rolle, sondern legt Turing als verwundbaren, im Grunde zutiefst verunsicherten Menschen an. Sicher fühlt der sich nur bei seinen Berechnungen; sein scheinbares Unberührtsein ist nur Fassade, wie die wenigen, unerwarteten und darum umso berührenderen emotionalen Ausbrüche zeigen. Auch erlebt Turing allmählich eine Erziehung zum Menschen und muss einsehen, dass er seine Aufgabe nur lösen kann, wenn er seine Kollegen mit einbezieht.
Die schauspielerische Klasse von Cumberbatch sowie die soliden Leistungen der anderen Darsteller sind die Trümpfe eines Films, dessen Inszenierung wenig eigenständige Akzente setzt. Regisseur Tyldum orientiert sich stattdessen stark an jüngeren britischen Kinoerfolgen, insbesondere an „The King’s Speech“ (in der Konzentration auf Darsteller und Dialoge und „Dame, König, As, Spion“ (in einem Nebenplot um einen russischen Spion in Turings Team, ohne die individuelle Meisterschaft dieser beiden Filme zu erreichen. Am besten funktioniert „The Imitation Game“, wo er Turings Charakter mit der spannend erzählten Geschichte der Enigma-Entschlüsselung verknüpft, die nach Ansicht mancher Historiker den Zweiten Weltkrieg um mindestens zwei Jahre verkürzte.
Nur ist das eben nicht alles, was zu Alan Turings Leben dazugehört. Dass er 1951 ins Visier der Justiz geriet, weil er homosexuell war und damit nach damaliger britischer Rechtsauffassung ein Straftäter, dass er sich einer „Behandlung“ unterziehen musste, um eine Haftstrafe zu vermeiden, und 1954 – möglicherweise in selbstmörderischer Absicht – an einer Cyanid-Vergiftung starb, stellt die Rahmenerzählung des Films dar, hinzu kommen Rückblicke auf Turings Schulzeit und seine Schwärmerei für einen älteren Jungen. Trotz dieser beiden zusätzlichen Ebenen hat der Film aber letztlich ein schiefes Verhältnis zur sexuellen Ausrichtung seines Helden: Turing ist nie im zärtlichen Kontakt mit einem anderen Mann zu sehen; in den Sequenzen während der Kriegsjahre bleibt seine Homosexualität abstrakt und wird von der ausführlich thematisierten Freundschaft mit dem einzigen weiblichen Mitglied seines Teams überlagert. So richtig verbinden wollen sich Kriegsheldendasein und unglückliches Privatleben nicht, was in der Summe dazu führt, dass die Gleichung „Spannende Geschichtsstunde + Bewegtes Schicksal mit traurigem Ende = Großes Kino“ nicht ganz so glatt aufgeht, wie es die Macher des Films wohl beabsichtigt haben.
Marius Nobach, FILMDIENST 2015/2