Citizenfour
Eintritt frei
In Kooperation mit dem Rosa-Luxemburg-Club Celle und attac Celle
Im Juni 2013 wurde die Weltöffentlichkeit von den Abhörtechniken und dem totalitären Umfang der Abhörpraxis der NSA und kooperierender Nachrichtendienste informiert. Am 18. November 2013 gab es hierzu eine Sondersitzung des Bundestages. Die Frage bleibt indes, was sich in den anderthalb Jahren seit diesen Enthüllungen geändert hat? Was hat die Bundesregierung getan, um die Privatsphäre der Bevölkerung Deutschlands zu schützen und die deutsche Wirtschaft vor Wirtschaftsspionage zu schützen?
Kontinuierlich werden anhand der Snowden-Dokumente neue ungesetzliche Machenschaften des US-Abhördienstes NSA und seines britischen Partnerdienstes GCHQ enthüllt:
Zuletzt der Diebstahl der Verschlüsselungscodes des SIM-Karten-Herstellers Gemalto - hier ein kurzer Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 20. Februar 2015.
SPON am 21. Februar 2015: Oscar-Kandidat "Citizenfour": Zwischen NSA und Hollywood
Deutschland/USA, 2014
Kinostart: 6. November 2014
113 Minuten
FSK: ab 0; f
Original mit deutschen Untertiteln
Produktionsfirma: Praxis Films
Produktion: Mathilde Bonnefoy, Laura Poitras, Dirk Wilutzky, Kirsten Johnson, Katy Scoggin
Regie/Buch: Laura Poitras
Kamera: Kirsten Johnson, Trevor Paglen, Laura Poitras, Katy Scoggin
Schnitt: Mathilde Bonnefoy
Verleih Deutschland: Piffl Medien in Berlin, 64.090 Zuschauer in 15 Wochen, KDM, 1,85:1 (Flat)
Wir haben am 19.2. den Verleih Piffl per Mail gefragt: "Sind 64.090 Zuschauer in 15 Wochen nicht arg wenig?"
Antwort: "Angesichts dessen, was im Kino gerade los ist und welche Plätze man für einen politischen Dokumentarfilm bekommt, sind 64.000 Besucher super! Wenn man den Film und das Thema generell zugrunde legt, fragt man sich, wo all die anderen 80 Millionen, die sich eigentlich auch für das Thema interessieren sollten, waren…. Aber es ist eben so! Die Leute sind nicht interessiert - die wollen lieber in SHADES OF GREY = 1 Mio. Besucher am ersten Wochenende."
Citizenfour ist witzigerweise für den Oscar 2015 nominiert, der am 22. Februar verliehen wird.
Wir hatten ihn aber bereits Anfang Januar vor der Nominierung am 15. Januar terminiert.
Nominierung: Tagesspiegel, Süddeutsche/DPA
weitere Auszeichnungen und Nominierungen
Filmhomepage, WIKIPEDIA, Filmgazette, Programmkino.de, alle Daten zum Film auf Filmportal.de
Pressespiegel
Presse: DWN
Wir machen aufmerksam auf die Suchmaschine "MetaGer" als Alternative zu "Google". MetaGer3 Beta, Wikipediaeintrag zu MetaGer. MetaGer speichert keinerlei personenbezogene Daten. Die Server stehen in Hannover und nicht in USA oder in einem anderen der "Five-Eyes-Länder".
Kurzkritik Filmdienst
Im Juni 2013 treffen sich die Filmemacherin Laura Poitras und der Journalist Glenn Greenwald in Hongkong mit dem US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der ihnen via Mail-Verkehr Beweise für die Massenüberwachung und Massenausspähung normaler Bürger durch den US-amerikanischen Geheimdienst NSA in Aussicht gestellt hat. Poitras dokumentierte die Treffen mit der Kamera, was die Basis für einen faszinierenden Dokumentarfilm über die Snowden-Affäre bis zu seinem Asyl in Russland und die politische Sprengkraft seiner Enthüllungen liefert. Zwar bringt er dabei kaum neue Erkenntnisse und bleibt zwangsläufig einseitig im Ansatz, beeindruckt aber als engagierte und spannende Aufarbeitung eines weltweit Kreise ziehenden Skandals. - Ab 16.
Trailer:
3sat Kulturzeit vom 23.10.2014 mit einem Bericht über Citizenfour und den NSA-Untersuchungsausschuss:
"Kino Kino" zu Citizenfour (ab Minute 8:33)
Citizenfour PRISM Whistleblower — Edward Snowden in his own words
Von Laura Poitras and Glenn Greenwald
Freedom of the Press Foundation
Bundestag - Debatte zur NSA am 18.11.2013 (98 Minuten)
Gregor Gysi : "Asyl und Friedensnobelpreis für Edward Snowden" - Sondersitzung des Bundestages am 18.11.2013 (13 Minuten)
Gregor Gysi : Am 30. Januar 2015 zum Verhältnis NSA/USA/Deutschland (von Minute 5 bis Minute 11)
ARD "Jagd auf #Snowden - Wie der Staatsfeind die USA blamierte" - 12.1.2015
Schweig, Verräter! - NSA Geheimdienste Whistleblower (arte-Dokumentation vom 16.12.2014, 96 Minuten)
ausführliche Kritik Filmdienst
Laura Poitrasʼ Film „Citizenfour“ ist nun der erste Dokumentarfilm, der Snowdens Geschichte zu erzählen versucht und der einen extensiven Einblick in die Persönlichkeit dieses berühmten, überaus ungewöhnlichen Mannes bietet. Dies geschieht nicht zuletzt durch ein umfangreiches Interview: „Citizenfour“ ist auch ein journalistischer Scoop.
„Iʼm not the story here“ – die Medien seien immer zu sehr auf Personen fixiert, auf das allzu schlichte Schema der Heldenreise. Mit diesen ersten Sätzen, die er selber sagt in diesem Film, liefert Edwards Snowden gleich dessen Kritik. Und indem der Film dies transparent macht, wird sie zur Selbstkritik, und zum Erzählmittel: Personen verkaufen Inhalte. Um die skandalösen Rechtsbrüche der demokratischen Regimes in den USA und Großbritannien publik zu machen, brauchten die Medien einen David, der allein gegen den Goliath der Geheimdienst- und Abhörkrake aufstehen und Widerstand leisten würde. Dies ist Snowdens weltgeschichtliche Rolle. Seine Enthüllungen waren ein globaler Einschnitt, nur unwesentlich geringer als der 11. September 2001.
Poitrasʼ Film zeigt ein Interview, die Snowden bereits in seinem Hongkonger Hotelzimmer gegeben hat, nachdem er die ersten „Whistleblower“-Informationen dem Reporter Glenn Greenwald übergeben hat, den er unter dem Pseudonym „Citizenfour“ kontaktiert hatte, und der sie auf „Salon“, im „Guardian“ und in seinem Buch „No Place to Hide“ veröffentlichte. Snowden spricht darin vor allem über das, was unsere Regierungen mit unserer Privatsphäre tun, wie sie schnüffeln und spionieren, wie sie Daten sammeln und kombinieren. Er beschreibt, wie sinnlos das alles ist, aber auch warum es trotzdem gefährlich ist.
Der Film erklärt schlüssig, dass diese Privatsphäre nicht etwa allmählich erodiert, weil „wir nachlässig mit unseren Daten umgehen“, sondern dass sie abgeschafft wird von denen, die dafür bezahlt und ermächtigt werden, sie zu verteidigen. An deren Stelle tritt eine digitale Geheimdienstorganisation, die mit den neuen technischen Möglichkeiten bürokratische Monstren errichtet, die auch in den Demokratien alles weit in den Schatten stellen, was einst Praxis des Totalitarismus hieß. Und Poitrasʼ Film argumentiert, wie der öffentliche Diskurs über „die neuen Medien“, soziale Netzwerke und die schöne neue Welt der Transparenz dazu gehört – und Teil des Projekts ist, in dem ein Klima geschaffen wird, in dem die Mehrheit der Bürger glaubt, im 21. Jahrhundert hätten „wir selbst“ unsere Privatsphäre, ja das Recht auf sie, längst aufgegeben.
Snowden fasst seine Diagnose unmissverständlich zusammen: „Wir bauen gerade an der größten Waffe zur Unterdrückung der Menschheit, die in der Geschichte je gebaut wurde.“ Er stellt sich damit gegen alle Presseerklärungen demokratischer Regierungen, etwa des US-Präsidenten Obama, der bis zum Fall Snowden der Darling der liberalen und linken Intelligenzia des Westens war. Im Film werden dessen Behauptungen, seine Regierung habe die Verletzungen der Datenschutzgesetze zum Zeitpunkt von Snowdens Veröffentlichungen längst untersucht, als dreiste Lügen entlarvt. Der Eindruck, den man von der Persönlichkeit Snowdens im Film erhalten soll, ist klar: Ein erstaunlich ruhiger, unemotionaler, vernünftig argumentierender junger Mann. Kein Getriebener, kein Ideologe, kein Paranoiker.
Daneben zeigt der Film die Folgen: Prozesse zwischen Regierung und abgehörten Bürgern in den USA, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in einem ihrer seltenen emotionalen Momente, die sie öffentlich zuließ – als sie ihrem Zorn darüber Ausdruck gibt, auch unter den Abhöropfern zu sein. Dass dies jenseits diplomatischer Protestroutine allerdings ohne Folgen blieb, ist gerade dem deutschen Publikum bekannt.
„Citizenfour“ ist Teil der „New American Century“-Trilogie der Regisseurin, in der Poitras die Vereinigten Staaten der Post-9/11-Situation analysiert, die Folgen des „Kriegs gegen den Terror“ untersucht, und beschreibt, wie sich die Verteidigung der Demokratie gegen den Rechtsstaat, die Terroristenjagd gegen die Bürger richtet. Sie kontrastiert die Gespräche mit Snowden, die Enge des Hotelzimmers mit Nachrichtenbildern und öffentlichen Auftritten der Politiker, mit Bildern von der Hexenjagd gegen Snowden.
Die wichtigste Neuigkeit kommt dann ganz am Ende: Es gibt angeblich noch einen NSA-Whistleblower außer Snowden, behauptet Glenn Greenwald. Diesem neuen Whistleblower zufolge stehen bereits über 1,2 Millionen Menschen auf einer geheimen „Watchlist“ der US-Regierung, Tendenz steigend – und alles mit Wissen und auf Befehl von Präsident Obama.
Damit ist zumindest eine weitere Frage auch beantwortet: Ein Held oder ein Verräter? Beides. Beides ist hier das gleiche.
Rüdiger Suchsland, FILMDIENST 2014/24