The Fall - Im Reich der Phantasie
Eintritt frei
In Kooperation mit dem Ev.-luth. Kirchenkreis Celle
vertreten durch Thomas A. Müller, Pastor i.R. und Michael Stier, Pastor i.R.
Fantasyfilm Indien/Großbritannien/USA 2006
Kinostart: 12. März 2009
111 Minuten, teilweise schwarz-weiß
: ab 12; f
Produktion: Tarsem Singh, Lionel Kopp, Nico Soultanakis
Regie: Tarsem Singh
Buch: Dan Gilroy, Nico Soultanakis, Tarsem Singh
Vorlage: Valeri Petrow (Drehbuch zu "Mein Freund, der Pirat" von 1981)
Kamera: Colin Watkinson
Musik: Krishna Levy, Ludwig van Beethoven (2. Satz der Siebten)
Schnitt: Robert Duffy
Darsteller: Catinca Untaru (Alexandria), Justine Waddell (Schwester Evelyn), Lee Pace (Roy Walker / Blauer Bandit), Kim Uylenbroek (Arzt / Alexander der Große), Aiden Lithgow (Alexanders Gesandter), Sean Gilder (Walt Purdy), Ronald France (Otto), Leo Bill (Charles Darwin / Orderly)
Verleih: Capelight über Central Film
Kurzkritik Filmdienst
In einem Krankenhaus im Los Angeles der 1920er-Jahre erzählt ein querschnittsgelähmter Stuntman einer kleinen Mitpatientin eine Abenteuergeschichte um einen Rächer, der mit Hilfe einer Hand voll tapferer Männer einen Tyrannen beseitigen will. Der zutiefst verzweifelte Märchenerzähler will sich jedoch das Leben nehmen und über das Mädchen an eine tödliche Dosis Morphium gelangen. Daraus resultiert ein existenzieller Kampf ums Leben, ums Geschichtenerzählen und um die Hoffnung. Eine bildgewaltige, suggestive Reflexion über die ambivalente Kraft der menschlichen Fantasie, die sich jenseits der Genremuster des Fantasy-Epos an der Grenze von Erzählkino und Videokunst bewegt. (Kinotipp der katholischen Filmkritik) - Sehenswert ab 14.
Trailer:
ausführliche Kritik Filmdienst
Litt der Debütfilm des Werbe- und Videoclip-Regisseurs Singh noch darunter, dass der nicht gerade originelle, kriminalistisch schwachbrüstige Inhalt des Mystery-Thrillers „The Cell“ von der ausgefeilten und beziehungsreichen Bildsprache der surrealen Erzählebene geradezu hinweggefegt wurde, finden hier nun Form und Inhalt glücklich zusammen. Entsprechend ist die Rahmenhandlung diesmal nicht nur ein müder Aufhänger für extravagante visuelle Fantasien, sondern hat ihre eigene innere Dramatik, was nicht zuletzt auch dem Zusammenspiel von Lee Pace und der Laienschauspielerin Catinca Untaru geschuldet ist. Diese entwickeln die Beziehung zweier innerlich und äußerlich verletzter, sonst aber sehr unterschiedlicher, in der schläfrigen Öde des Krankenhauses aber aufeinander angewiesener Menschen zunächst spielerisch, später immer spannungsvoller. Suggestiv schafft Singh dabei so etwas wie eine „Zauberberg“-Atmosphäre: Die Zeit scheint still zu stehen in dem kleinen Krankenhaus, das die Kamera zusammen mit Alexandria durchstreift; die Tage gleichen einander, und auch Walkers Erzählung mit ihren logischen Brüchen und Verschiebungen bewegt sich lange seltsam ziellos, ohne wirklich von der Stelle zu kommen, weshalb eine Szene mit den Treppenlandschaften eines M.C. Escher nur konsequent ist. Sowohl die reale als auch die surreale Erzählebene flirren im Sonnenlicht Kaliforniens wie in der exotischen Traumwelt gleichsam zwischen Leben und Tod, bis schließlich der Mann und das Mädchen in einem umso dramatischeren Finale darum ringen, in welche der beiden Richtungen es in der Geschichte, aber auch im echten Leben gehen soll. Wer sich von „The Fall“ nur ein weiteres bildgewaltiges Fantasy-Epos erhofft, dürfte angesichts der erzählerischen Ruhe, mit der sich dieses Zwischenreich entfaltet, der konsequenten Vermeidung genretypischer Action und des an Seitenblicken reichen Mäanderns der Geschichte enttäuscht sein. Nichtsdestotrotz ist „The Fall“ alles andere als langweilig: Elegant balanciert er an den Grenzen von klassischem Erzählkino und Videokunst, um ebenso berührend wie visuell betörend der ambivalenten Kraft der menschlichen Fantasie nachzuspüren. Deren das wirkliche Leben transzendierender Impuls mag sich zwar bisweilen auch mit dem Todestrieb verbünden, doch aus den Möglichkeitswelten lassen sich, wie einst für Scheherazade, ebenso Heilmittel, Handlungsalternativen und neue Hoffnungen schöpfen.
Felicitas Kleiner, FILMDIENST 2009/5