Das Kombinat (Eintritt frei – um Reservierung wird gebeten)

  Donnerstag, 28. September 2023 - 19:30 bis - 21:00

 

in Kooperation mit:
Solawi Depot Celle 
BUND – Kreisgruppe Celle (mit eigener Ankündigung dieses Abends)
Kultur Trif(f)t  
Solawi Aller/Oker (Hof Rautenberg)
Direkt im Anschluss an den Film werden Nadja und Martin Rautenberg von der SoLaWi-Aller/Oker ihre SoLaWi vorstellen und für Fragen zur Verfügung stehen.

Liste der Kinos, in denen das Kombinat gezeigt wird 
Das Kartoffelkombinat zum Film über sie
Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V. über "Das Kombinat"

Ankündigung auf Celle Heute


Eintritt: frei (um Reservierung wird gebeten)
Die Gäste sind zu Gemüsesticks eingeladen.

Deutschland 2023
Kinostart: 28. September 2023
90 Minuten
FSK: ab 0; f

Regie/Drehbuch: Moritz Springer (von Moritz Springer lief im achteinhab "Projekt A")

Filmwebseite des Verleihs, Filmfest München, Presseheft
alle Daten zum Film auf Filmportal.de
Filmtipp fürs Schulkino von Vision Kino plus Schulmaterial

Kritiken: 
Kritik von Reinhard Lüke für den Filmdienst (3 von 5 Sternen)
Kritik von Silvia Hallensleben für EPD-Film (4 von 5 Sternen)
Kritik von Yorick Berta für IndiekinoMag

Audioportal Freier Radios:
Gespräch mit Regisseur Moritz Springer zu seiner Doku "Das Kombinat" (16 Minuten)

Trailer (133 Sekunden):  

 

Regisseur Moritz Springer über "Das Kombinat" (4 Minuten):  
 

ausführliche Kritik von Reinhard Lüke für den Filmdienst:  
Langzeitstudie über eine landwirtschaftliche Genossenschaft im Umland von München, die ihre Mitglieder mit biologisch erzeugtem Gemüse versorgt

Der Begriff der „Langzeitbeobachtung“ wird beim Schreiben über Dokumentarfilm bisweilen geradezu inflationär verwendet. Wenn ein Filmemacher ein Projekt über einen Zeitraum von neun Jahren begleitet, ist der Ausdruck aber durchaus angemessen. Das Projekt ist das „Kartoffelkombinat“ vor den Toren Münchens. Der Name mag ironisch klingen, da er an sozialistische Produktionsgemeinschaften erinnert, aber letztlich geht es auch hier durchaus um ein Gegenmodell zu kapitalistischen Strukturen im Bereich der Landwirtschaft.

Der Film „Das Kombinat“ beginnt allerdings nicht mit fruchtbaren Äckern, sondern mit einem Lichtbildvortrag, in dem Daniel Überall das gigantische Areal von Gewächshäusern im Süden Spaniens zeigt, in denen ein Großteil des in Europa verzehrten Gemüses produziert wird. Gemeinsam mit Simon Scholl beschloss Überall, dieser industriellen Produktionsmethode etwas entgegenzusetzen. 2012 gründeten sie das Kartoffelkombinat. Gemüse und andere Feldfrüchte sollten biologisch angebaut und ohne Transport- und Marketingkosten den Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden. Faire Löhne für die Gründer und ihre Mitarbeiter sollten auch gewährleistet sein. Finanziert werden sollte dies in Form einer Genossenschaft, deren Mitglieder einen Mitgliedsbeitrag zahlen und ihre Gemüsekisten an einer der Verteilstellen in München und Umgebung abholen.

Staunende Kinder bei der Ernte

Das Projekt lief gut an. Schnell waren 150 Abnehmer beisammen, die regelmäßig auf dem Hof vorbeischauten. Man kannte sich bald und fühlte sich wie eine große Familie. Der Film fängt die harmonischen Anfänge in stimmigen Bildern ein. Kinder, die staunend Möhren aus dem Acker ziehen, Hoffeste, bei denen sich alle einig sind, für die Natur und sich selbst etwas ungemein Wertvolles zu leisten.

Der chronologisch strukturierte Film ist in Kapitel unterteilt, die jeweils einen Zeitraum von ungefähr zwei Jahren umfassen. Der zweite Abschnitt trägt den Titel „Realitäten“, da sich erste Risse in der Idylle andeuten. Das erste Problem: Der Besitzer des Landes, auf dessen Gartenbaugelände sich das Kombinat eingepachtet hat, möchte entgegen früheren Ankündigungen nun doch nicht verkaufen. Da aber das gemeinschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln nach Überzeugung der beiden Gründer unabdingbare Voraussetzung für ihr Projekt ist, muss ein neues Gelände gesucht werden.

Das gelingt zwar, doch die Umgestaltung macht nicht nur viel Arbeit, sondern verschlingt auch eine Menge Geld. Um künftig rentabel arbeiten zu können, muss die Zahl der Genossenschaftsmitglieder verzehnfacht werden. Überall findet das in Ordnung. Schließlich soll das Kombinat kein kleines Biotop bleiben, sondern langfristig die gesamte Landwirtschaft umkrempeln. Zumindest in Deutschland. Scholl teilt zwar die Vision, spürt aber ein zunehmendes Unbehagen. Die Expansion verlangt nach neuen Strukturen der Arbeitsorganisation. Man kennt die neuen Mitarbeiter kaum noch mit Namen, geschweige denn die 1500 Mitglieder der Genossenschaft. Mit der Professionalisierung droht eine Anonymisierung, die eigentlich unbedingt vermieden werden sollte. Die beiden Gründer sind sich zunehmend uneins, bis es schließlich (vorübergehend) sogar zum Bruch kommt.

In den Arbeitspausen

Die Handlung des Films, der hie und da mit originellen Klängen im Stile bayrischer Volksmusik unterlegt ist, verbleibt weitgehend auf dem Gelände des Kombinats; nur gelegentlich werden die beiden Protagonisten zu Kongressen oder auf Besuchen bei vergleichbaren Kooperativen begleitet. In Arbeitspausen erzählen Überall und Scholl gemeinsam oder allein von ihren Visionen und Hoffnungen, aber auch von ihren Sorgen und Ängsten.

Der Wert dieser filmisch eher unspektakulären Langzeitbeobachtung liegt vor allem darin, dass sie bei aller unverkennbaren Sympathie profunde Einblicke in die komplexen Mechanismen und Risiken solch einer idealistischen Unternehmung gewährt.