Meine liebe Frau Schildt - Eine Ode an die Grundschule

Freitag, 07. Februar 2014 - 20:30
Treffer: 1422

Regie/Buch/Kamera/Schnitt/Produzent: Nathalie David   
Kinostart am 23. Januar 2014
90 Minuten

Filmhomepage mit Trailer, Homepage von Nathalie David, alle Daten zum Film auf Filmportal 

 

Der Film ist das Portrait der kurz vorm Ruhestand stehenden Grundschullehrerin Dietlind Schildt und ihrer letzten 4. Klasse in der Grundschule Rothestraße in Hamburg Ottensen. Eine Schule, wie es sie überall geben könnte, mit einer Lehrerin, die im Wandel der Pädagogik während der letzten 40 Jahre ihren ganz eigenen Weg gefunden hat. Der Film begleitet die Kinder auf ihrem Weg von der Grundschule zur 5. Klasse und bei ihrer letzten gemeinsamen Klassenreise auf einen Bauernhof.

Mit dem vielseitigen Mix aus Beobachtung, Interviews mit der Lehrerin und den Kindern, sowie den Textpassagen von Rousseau (vorgetragen von einem Teddy als bestem Freund der Kinder), bietet der Film keine einfachen Antworten darauf, wie eine optimale Pädagogik aussieht. Statt dessen regt er an zu Gedanken und Diskussionen darüber, wie eine Schule sein sollte, in der unsere Kinder nicht nur das nötige Wissen vermittelt bekommen, sondern in der sie sich auch zu glücklichen und verantwortungsvollen Menschen entwickeln können. Eine Diskussion, die auch schon seit geraumer Zeit auf politischer Ebene stattfindet, nur dass es in dem Film statt um die reine Leistungsorientierung um das ganzheitliche Wohl unserer Kinder geht.

 

Kurzkritik Filmdienst
Schüler einer vierten Grundschulklasse aus Hamburg, die vor dem Wechsel auf weiterführenden Schulen stehen, erzählen von ihren Erfahrungen, Hoffnungen und Ängsten. Auch die Lehrerin Dietlind Schildt kommt zu Wort, die nach diesem Schuljahr pensioniert wird. Eine auch visuell unspektakuläre Dokumentation, die sich in Details verliert. Das Erkenntnisinteresse reicht kaum über die Biografien der einzelnen Protagonisten hinaus.

 

 

ausführliche Kritik Filmdienst
Für Kinder der vierten Klasse einer Hamburger Grundschule geht ein Lebensabschnitt zu Ende. Im kommenden Schuljahr werden sie sich in einer weiterführenden Einrichtung wiederfinden. Da heißt es, sich nicht nur von (Schul-)Freunden, sondern auch von Lehrern zu verabschieden. Etwa von Dietlind Schildt, für die nach vierzig Jahren auch ihre berufliche Laufbahn endet. Die Dokumentation von Nathalie David, deren eigene Tochter in diese Klasse geht, lässt Schüler und die Pädagogin Bilanz ziehen. In thematisch gebündelten Einheiten sprechen die Kinder über ihre Erfahrungen, Hoffnungen und Ängste. Wobei schnell deutlich wird, dass es sich bei Frau Schildt um eine überaus beliebte Lehrerin handelt, an der wenig auszusetzen ist.
Das Fazit der Pädagogin fällt um einiges nüchterner aus. Geprägt von der Reformpädagogik der 1970er-Jahre, hadert sie mit dem deutschen Schulsystem, gibt zu, sich mit Hausaufgaben und Benotungen immer schwer getan zu haben und bedauert, dass es an der Schule kaum Gespräche mit Kollegen über Sinn und Zweck des Lehrerberufes gegeben habe. Zu ihrer persönlichen Bilanz kommen Fotos und Erinnerungen an ihre Kindheit in der DDR.
Doch das Hauptaugenmerk des Films liegt auf den Schülern, die in der Schule, aber vor allem während einer Klassenfahrt auf einem Bauernhof in Küstennähe einzeln oder in Gruppen zu Wort kommen. Geduldig nehmen sie zum Fragekatalog der Regisseurin Stellung, lassen sich über Berufswünsche und Hobbys aus, erklären, was sie an der Grundschule „toll“ oder „nicht so toll“ fanden und wer ihre besten Freunde in der Klasse sind. Doch wenn sie sich an ihren ersten Schultag erinnern sollen und auch noch der Fünfte akribisch auflistet, was er alles in seiner Schultüte hatte, wird die filmische Spannung arg strapaziert.
Natürlich kann man sich darüber Gedanken machen, was es für das deutsche Schul- und Gesellschaftssystem heißt, wenn die (wenigen) Schüler mit Migrationshintergrund eher zu handwerklichen Berufen wie KFZ-Schlosser tendieren, während die anderen Lehrer, Ärzte oder Drehbuchautoren werden wollen. Doch die Hamburger Grundschule liegt offenbar in keinem sozialen Brennpunkt und wird in erster Linie von freundlichen Mittelstandskindern besucht. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenngleich man unwillkürlich nach der Motivation der Filmemacherin fragt.
So hat das Ganze letztlich doch etwas von einem netten, aber auch belanglosen Abschiedsgeschenk an die Klasse ihrer Tochter und deren grundsympathische Lehrerin. Woran auch der Umstand nichts ändert, dass im Off zwischendurch immer wieder Zitate aus Rousseaus Werk „Emile oder die Erziehung“ von 1762 eingefügt werden, wobei der Philosoph kurioserweise von einem Teddybär repräsentiert wird.

Reinhard Lüke, FILMDIENST 2014/2