Seniorenkino: Mademoiselle Populaire
Ort: Alte Exerzierhalle am Neuen Rathaus
Einlass: ab 14.30 Uhr
Eintritt: 4,00 €
Kaffee und Kuchen für 2,50
Retro-Komödie Frankreich 2013, Kinostart 11. April 2013, 111 Minuten, Scope
Regie/Buch: Régis Roinsard
FSK: ab 14-Jahre.
Darsteller:
Déborah François (Rose), Romain Duris (Louis), Bérénice Bejo (Marie), Shaun Benson (Bob), Mélanie Bernier (Annie), Miou-Miou (Madeleine Echard)
Wikipedia, Programmkino, Filmzeit
GILDE DEUTSCHER PROGRAMMKINOS:
Die charmante Liebeskomödie „Mademoiselle Populaire“ verzaubert nicht nur durch ihre bis ins kleinste Ausstattungsdetail akkurate Retro-Optik der 1950er Jahre. Das farbenfreudige Regiedebüt von Regis Roinsard ist zudem mit „The Artist“-Star Bérénice Bejo bis in die Nebenrollen bestens besetzt. Die spritzig nostalgische Kinoperle aus Frankreich, in der sich eine junge Sekretärin nach oben tippt, spielt ironisch mit klassischen Hollywoodkomödien wie „Funny Face“ und sorgt für Vergnügen pur.
FILMDIENST:
Eine junge Französin bewirbt sich in den 1950er-Jahre als Sekretärin und wird dabei als Schnellschreib-Talent erkannt. Ihr neuer Chef macht es sich zur Aufgabe, sie darin zu trainieren. Ein charmanter Film, der das schlichte Handlungsmuster "Sekretärin und Chef verlieben sich" aufgreift und Sportfilm-Anleihen um Coaching und Aufstieg komödiantisch auf das Feld des Tippens überträgt. Da es dabei auch um die Veränderung von Rollenbildern geht, besitzt der Film einiges an erzählerischer Substanz, auch wenn er diese nur beschwingt anreißt, anstatt sie in ihrer Komplexität auszuloten.
ausführliche Kritik des Filmdienst:
Eine Schreibmaschine der Firma „Triumph“ im Schaufenster des Krämerladens ihrer Eltern übernimmt für das Landei Rose die Rolle eines Initiationsobjekts. Mit etwas diffusen Vorstellungen von Modernität, Selbständigkeit und großer weiter Welt bewirbt sich die Frau mit dem charakteristischen Audrey-Hepburn-Pferdeschwanz als Sekretärin in einem Versicherungsbüro in der nächstgrößten Stadt. Wenn der gut aussehende Chef Louis Richard die Tür zum überfüllten Wartezimmer öffnet und sein Blick die Bewerberinnen streift, ist das nur vordergründig ein Moment erotischer Schwingungen: anstatt kurviger Schönheiten sieht sich Louis nämlich vor allem zugeknöpften, ihre Souveränität zur Schau stellenden Kandidatinnen gegenüber.
Wiederholt bringt „Mademoiselle Populaire“ diesen etwas strengen und mitunter leicht verbiesterten Frauentypus gegen die blonde, etwas mädchenhafte, ungleich weichere Rose in Stellung – so viel zu den emanzipationspolitischen Patzern des Films. Rose ist zwar ein arger Tollpatsch und hackt wie ein Elefant in die Tasten, bekommt den Job aber trotzdem, da Louis in der Schnelltipperin sogleich ein Talent und in sich selbst den Coach erkennt. Genremäßig entwickelt sich „Mademoiselle Populaire“ von da an zum Sportfilm. Denn um sie zur Schnellschreib-Weltmeisterin zu machen, trainiert Louis seine Sekretärin bis zur Erschöpfung: Rose muss nicht nur einen Roman nach dem anderen abtippen, von Flauberts „Madame Bovary“ bis hin zu Stendhals „Rot und Schwarz“; zum Programm gehören auch Klavierstunden und Lauftraining – letzteres unverkennbar eine Anspielung auf „Rocky“ Der Witz dieser Analogie liegt an der Überhöhung von Schnelltippen zur sportlichen Disziplin, andererseits aber auch in der geschlechtsspezifischen Umschreibung: denn während Louis seinen Schützling nicht nur coacht, sondern für Rose auch kocht, die Wäsche wäscht und selbst im Hintergrund bleibt, avanciert die Sekretärin zur Schreibmaschinen-Schnellschreib-Meisterin und zudem zum gefeierten Covergirl und Werbegesicht – Roinsard rückt hier ganz nebenbei auch den Aufstieg der Konsum- und Medienkultur in den Blick.
Diese zeitspezifischen Referenzen und Louis’ Unsicherheit und seine Minderwertigkeitskomplexe – alles Eigenschaften, die ein klassisch maskulines Rollenbild verfehlen – , verleihen dem Film zwar weit mehr Substanz, als das Thema erwarten lässt, ändern aber auch nichts an der schlichten Handlung, die auf das „Sekretärin verliebt sich in Chef“-Klischee hinaus läuft. Ansonsten ist „Mademoiselle Populaire“ ein perfekt durchgestylter Film mit einigem Charme, der im Gegensatz zum französischen Nostalgie-Kino von „Amelie“ bis hin zu „Der kleine Nick“ glücklicherweise nicht im Zeitkolorit erstickt. Die Farbpalette ist gedämpfter als das grelle Technicolor in den Filmen der Vorbilder Douglas Sirk und Stanley Donen, und auch im differenzierten Spiel von Romain Duris und Déborah Francis schimmert Zeitgenössisches durch. Von den konservativen Sehnsüchten, die den filmischen Rekursen auf die 1950er-Jahre oftmals zu eigen sind, grenzt sich „Mademoiselle Populaire“ zwar entschieden ab, doch die historische Komplexität der „Mad Men“-Serie liegt in diesem beschwingten Sekretärinnen-Cha-Cha-Cha jedoch ebenso weit entfernt.
Esther Buss