CinEspanol: Mercedes Sosa, die Stimme Lateinamerikas (OmdU)

  Dienstag, 26. September 2017 - 19:30 bis - 21:20

Eintritt: 5,00 €


MERCEDES SOSA, LA VOZ DE LATINOAMÉRICA

Argentinien 2013
Kinostart: 4. Dezember 2014
90 Minuten

Produktion/Regie/Drehbuch: Rodrigo H. Vila

Kamera: Hans Bonato, Mariano Cúneo, Ariel Gonzalez
Musik: Diego Vila
Schnitt: Luciano Origlio


Der Filmdienst ist seit Jahren die führende deutsche Kinofilmfachzeitschrift. Da die Kritiken des Filmdiensts nicht ohne weiteres zugänglich sind, drucken wir sie hier ab, unabhängig ob sie positiv oder negativ ausfallen. Unser Ehrgeiz ist es nicht, Interessierte mit hohlen Versprechungen oder plakativen Etikettierunen wie "Kunstfilm" oder "besonderer Film"  ins achteinhalb zu locken. Die wenigstens Filme erhalten vom Filmdienst eine positive Kritik. Es ist daher durchaus so, dass Filme, die dort nicht so positiv "wegkommen", ansonsten durchweg positive Kritiken erhalten haben und wir auch einige Filme "klasse" gefunden haben, die vom Filmdienst kritisch bewertet worden sind. Es ist halt eine Meinung unter mehreren, aber in der Regel eine fundierte. Die höchste Auszeichnung ist das Prädikat "sehenswert", die Altersempfehlung ist eine pädagogische.

Kurzkritik Filmdienst
Die indigene argentinische Sängerin Mercedes Sosa (1935-2009) avancierte in den 1970er- und 1980er-Jahren mit Folklore- und Protestliedern zum Symbol des politischen Kampfs gegen lateinamerikanische Militärdiktaturen. Der Dokumentarfilm schickt ihren Sohn Fabian Matus auf eine persönliche Suche nach den Spuren seiner Mutter. Ergänzt durch Interviews und exzellente Archivmaterialien gelingt der Inszenierung unaufdringlich die Balance zwischen bewegend-persönlicher Biografie und spannender Musik- und Zeitgeschichte. (O.m.d.U.)
Ab 14.
Wolfgang Hamdorf, FILMDIENST 2014/25

Trailer (122 Sekunden):



ausführliche Kritik Filmdienst
Für den brasilianischen Musiker Milton Nascimento war sie schlichtweg die Stimme des Kontinents, anderen galt sie als „unser Mick Jagger, unser Paul McCartney“ oder als lateinamerikanische Joan Baez: die Folklore- und Protestsängerin Mercedes Sosa, die 1935 als Kind einer armen Arbeiterfamilie aus Tucumán in Argentinien geboren wurde. Ihr Publikum nannte sie zärtlich „la negra“, die Schwarze, ihrer indigenen Wurzeln wegen.
Im Gegensatz zur anderen großen politischen Sängerin des Subkontinents, der Chilenin Violeta Parra (1917-1967), deren Lied „Gracias a la vida“ Mercedes Sosa weltbekannt machte, erlebte und begleitete die argentinische Sängerin die Revolten und Proteste der 1970er-Jahre sowie den politischen Kampf gegen die Militärdiktaturen mit ihrer Musik; Sosa wurde darüber zur Ikone von Revolution und Widerstand in Lateinamerika. Dieses Leben hätte Stoff für ein melodramatisches Biopic oder für nervtötende Revolutionsromantik sein können. Doch der Dokumentarfilm von Rodrigo H. Vila schlägt von Anfang an einen sehr persönlichen Ton an, indem er Sosas Sohn Fabian Matus auf die Suche nach dem Leben seiner Mutter schickt. Die Brüder der Sängerin erzählen von Familie und Kindheit. Freunde schildern, wie sie 1963 parallel zum „Manifest für den neuen lateinamerikanischen Film“ mit anderen das „Nuevo Cancionero“-Manifest („Der neue Liedermacher“) verfasste, das später Teil der politischen Bewegung gegen die Diktaturen in Südamerika wurde. Der Film handelt damit gleichermaßen von privaten Umbrüchen, Scheidungen und Todesfällen, von Reisen und den politischen Umbrüchen wie dem Militärputsch 1973 in Chile und drei Jahre später auch in Argentinien, der sie schließlich zum Exil in Paris und Madrid zwang.
Matus kombiniert recht geschickt persönliche, politische und künstlerische Ebene. Etwa das Umfeld der europäischen Solidaritätsbewegungen, die Hoffnungen auf Änderungen wie in Nicaragua, wo Sosa 1983 auftrat, oder das legendäre Konzert in der Oper von Buenos Aires während der Militärdiktatur, das für viele der eigentliche Beginn der Demokratie in Argentinien war. Der Film hält aber auch nicht mit den persönlichen Schwächen der Sängerin hinter dem Berg wie ihrer extremen Schüchternheit, die später in schwere Depressionen mit Essstörungen und Bettlägerigkeit mündete. Die Qualität dieser berührenden Hommage liegt aber auch an den exzellenten Archivmaterialien, Fernsehmitschnitten und Konzertaufzeichnungen. Der unaufdringlichen Inszenierung gelingt eine Balance zwischen spannendem Abriss der Musik- und Zeitgeschichte und bewegend-persönlicher Biografie.

Wolfgang Hamdorf, FILMDIENST 2014/25