Grießnockerlaffäre

  Freitag, 20. Oktober 2017 - 20:30 bis - 21:10

Eintritt: 5,00 €

Kriminalkomödie Deutschland 2017
Kinostart: 3. August 2017
98 Minuten
FSK: ab 12; f
 
Regie: Ed Herzog
Buch: Stefan Betz
Vorlage: Rita Falk (Roman "Grießnockerlaffäre")
Kamera: Stephan Schuh
Musik: Martin Probst
Schnitt: Stefan Essl

Darsteller:
Sebastian Bezzel (Franz Eberhofer), Simon Schwarz (Rudi Birkenberger), Lisa Maria Potthoff (Susi), Enzi Fuchs (Oma Eberhofer), Eisi Gulp (Vater Eberhofer), Branko Samarovski (Paul), Nora Waldstätten (Thin Lizzy), Lilith Stangenberg (Ivana Barschl), Franziska Singer (Annemarie Hausladen), Francis Fulton-Smith (Barschl), Sigi Zimmerschied (Moratschek), Margarethe Tiesel (Frau Moratschek)
Constantin, Scope 

 
FilmhomepageWikipedia, Programmkino.de, EPD-Film,  alle Daten zum Film auf Filmportal.de

Kritik von Doris Kuhn in der Süddeutschen Zeitung

Der Filmdienst ist seit Jahren die führende deutsche Kinofilmfachzeitschrift. Da die Kritiken des Filmdiensts nicht ohne weiteres zugänglich sind, drucken wir sie hier ab, unabhängig ob sie positiv oder negativ ausfallen. Unser Ehrgeiz ist es nicht, Interessierte mit hohlen Versprechungen oder plakativen Etikettierunen wie "Kunstfilm" oder "besonderer Film"  ins achteinhalb zu locken. Die wenigstens Filme erhalten vom Filmdienst eine positive Kritik. Es ist daher durchaus so, dass Filme, die dort nicht so positiv "wegkommen", ansonsten durchweg positive Kritiken erhalten haben und wir auch einige Filme "klasse" gefunden haben, die vom Filmdienst kritisch bewertet worden sind. Es ist halt eine Meinung unter mehreren, aber in der Regel eine fundierte. Die höchste Auszeichnung ist das Prädikat "sehenswert", die Altersempfehlung ist eine pädagogische.
Kurzkritik Filmdienst
Nach einer rauschhaften Hochzeitsfeier wird ein niederbayerischer Dorfpolizist des Mordes an seinem Vorgesetzten beschuldigt, mit dem er heftig aneinandergeraten war. Mit seinem Ex-Kollegen will er den vertrackten Fall auf eigene Faust lösen, wobei er Risse in der ländlichen Idylle offenlegt. Vierte Verfilmung eines Provinzkrimis von Rita Falk, in der der kongeniale Hauptdarsteller souverän sein lakonisches Potenzial entfaltet und das Komische im Tragischen und umgekehrt entdeckt. Die durchgängig glänzende Besetzung, das Panoptikum skurriler Figuren sowie die mutige Inszenierung machen den Film zu einem Höhepunkt der Reihe. - Sehenswert ab 14.
Julia Teichmann, FILMDIENST 2017/16

ARD KinoKino (243 Sekunden):



ORF ZIB (72 Sekunden):


Trailer (175 Sekunden):



ausführliche Kritik Filmdienst
Es fängt gut an, besser: „Des fangt ja guat oa“, wie es der niederbayerische Dorfpolizist Franz Eberhofer formulieren würde. Es droht eine „Grießnockerlaffäre“, aber das weiß Franz noch nicht. Gerade erst hat er einen „Amoklauf“ absolviert, also eine Probe für den Ernstfall, und sagt: „Amoklauf vorbei, Amokläufer tot. Kemma jetzt alle hoam geha?“

Der erste Witz zündet, und das Schöne an Ed Herzogs vierter Verfilmung eines Provinzkrimis von Rita Falk ist, dass es so weitergeht. Die Fortsetzungen „Winterkartoffelknödel“ und „Schweinskopf al dente“ konnten an den Charme des ersten Teils „Dampfnudelblues“ nicht anknüpfen, waren angestrengt klamaukige Typenkomödien mit Knallchargen-Ballermann-Schenkelklopf-Humor, bei dem nur noch das Tätärätä zu den Pointe fehlte. „Grießnockerlaffäre“ besinnt sich nun wieder auf die Stärken von Teil 1.

Nach einer durchzechten Nacht, ein Polizei-Kollege hat in der Dorfkneipe geheiratet, wird Franz Eberhofer unsanft geweckt: Ein SEK-Kommando hat in voller Montur sein Bett umstellt. Eberhofers ungeliebter Vorgesetzter Barschl wurde tot aufgefunden, mit einem Messer im Rücken, in das Eberhofers Name eingraviert ist. Am Abend zuvor, bei der rauschhaften Hochzeitsfeier, waren die beiden aneinander geraten. Alles spricht damit gegen Eberhofer, doch sein Vater, bei dem er im Dachgeschoss des alten Bauernhauses wohnt, lügt ihm ein Alibi herbei. Gemeinsam mit seinem Ex-Kollegen Rudi Birkenberger muss er nun auf eigene Faust den vertrackten Fall aufklären.

Der stoische Dorfpolizist Eberhofer wird von Sebastian Bezzel kongenial verkörpert. Es ist eine Lust ihm zuzusehen. In „Grießnockerlaffäre“ bekommt er wieder den Raum, sein Potenzial auszuspielen: die Lakonie, die das Komische im Tragischen findet, und umgekehrt. Etwa wenn er einen Bus mit Behinderten, den er nach seiner Suspendierung vorläufig fährt, zur allgemeinen Begeisterung ein ums andere Mal um den Kreisverkehr kutschiert, der sich, einsam wie ein Ufo-Landeplatz, im weiteren Verlauf als Hot-Spot der Vergnügungen etabliert. Drehbuch und Inszenierung passen sich kongenial Bezzels Tempo an, auch dem Sarkasmus, der ungefähr eine Runde um den Kreisverkehr mehr Zeit braucht. Dafür aber umso witziger ist.

Von Vorteil ist, dass hier kein Serienkiller in die bayerische Idylle einbricht, vielmehr Risse und Abgründe in der Idylle aufbrechen, mit einem tollen „Thelma & Louise“-Finale. Auch steht Eberhofers Liebesgeschichte mit Susi nicht mehr so prominent im Vordergrund, was sie glaubwürdiger macht. Bemerkenswert auch die Auftritte von Nora Waldstätten als taffe Ermittlerin aus der Großstadt und Lilith Stangenberg als Witwe des ermordeten Polizisten, deren ätherisch-undurchschaubare Langsamkeit sogar die Unerschütterlichkeit eines Franz Eberhofer aus dem Takt bringt.

Laut Produktionsfirma waren die ersten drei Verfilmungen der Reihe mit mehr als 1,6 Mio. Kinobesuchern das „erfolgreichste Kinofranchise in Bayern“. Eberhofer würde dazu vielleicht sagen: „Mir doch wurscht. Hauptsach, es gibt a Bier.“ Schön jedenfalls, dass so ein Franchise doch nicht unbedingt ein Kissen ist, auf dem man sich ausruht. Durch private Widrigkeiten muss Eberhofer dann übrigens doch noch kämpfen. Etwa weil die Oma nur Grießnockerlsuppe kocht, seitdem ihre Jugendliebe plötzlich bei ihnen eingezogen ist. Und der Herr verträgt eben nur Suppe. Wann gibt es endlich wieder Schweinsbraten?

Julia Teichmann, FILMDIENST 2017/16